Tigermücken sind Zweiflügler, deren Weibchen Blut saugen. Die Männchen hingegen nehmen Pflanzensäfte auf. (Foto: Mit freundlicher Genehmigung durch das Bernhard-Nocht-Institut (BNITM)
Tigermücken auch schon im Norden angekommen
Wardenburg. Schon immer spielten blutsaugende Fluginsekten wie Stechmücken, Kriebelmücken, Bremsen und Wadenstecher biologisch und medizinisch auch in Mitteleuropa eine wichtige Rolle. Einerseits sind die wasser- oder schlammlebenden Larven eine bedeutende Nahrung für andere Organismen, wie zum Beispiel für Kleinkrebse, Kleinfische, Amphibien und Singvögel. Andererseits gab und gibt es zahlreiche Erkrankungen, deren Erreger von den verschiedenen Mückengruppen auf Menschen oder Tiere übertragen werden. So waren die Bewohner ganzer Landstriche, wie z.B. Butjadingen oder Ostfriesland, in den zurückliegenden Jahrhunderten bis in die 1950er Jahre vom sogenannten „Marschenfieber“ betroffen. Übertragen wurde diese Krankheit von Stechmücken der Gattung Anopheles. Wie die Weibchen aller Stechmückenart saugen auch die Anopheles-Arten das Blut von Warmblütlern, da sie dieses für die Reifung der Eier benötigen. Ist der Blutwirt an Malaria erkrankt, nehmen sie mit seinem Blut die Erreger (Sporozoen) auf. Nach deren Weiterentwicklung und Vermehrung im Mückenkörper geben die Mückenweibchen sie bei einer späteren Blutmahlzeit mit dem Speichel an einen anderen Wirt ab. Hierzulande fliegen neben den Anopheles-Mücken aber noch viele andere Mückenarten. Vor allem die verschiedenen Arten der Gattung Culex sind in der Nähe des Menschen regelmäßig anzutreffen und übertragen andere Krankheiten, wie z.B. das West-Nil-Fieber. Die von den Anopheles-Arten zu unterscheidende Körperhaltungen beschreibt ein alter Merkspruch: „ Sitzt `ne Mücke schräg zur Wand, Anopheles wird sie genannt!“.
Zu den 50 in Deutschland heimischen Stechmückenarten zählt inzwischen auch die Japanische Buschmücke (Ochlerotatus japonicus). Sie wurde erst 2008 in der Schweiz und bald danach in Süddeutschland nachgewiesen und besiedelte ursprünglich nur Japan, Korea und Südchina. Offenbar breitete sie sich nach ihrer Einschleppung schnell bis nach Norddeutschland aus. Soweit bisher bekannt, bieten dieser Art Friedhöfe mit den dort aufgestellten Blumenvasen ideale Brutstätten. Als sogenannter „Rockpool-Moskito“ findet man sie aber auch in Vogeltränken, Regenfässern, Gießkannen, vergessenem Kinderspielzeug und anderen kleinen Gefäßen im Haus- und Hofumfeld, in denen sich kleine Wasserneigen sammeln. Schon im Sommer 2015 hatte die Japanische Buschmücke das südliche Niedersachsen erreicht. Human- und Veterinärmedizin wiesen nach, dass diese Art das Dengue- und das Chikungunya-Virus aber auch weitere Erreger übertragen kann, Krankheiten, die oft schwerwiegende Erkrankungen des Menschen auslösen. Solche Arbovirosen (von Gliedertieren, also Arthropoden, übertragene Viruserkrankungen) können aber auch Tiere betreffen.
An der Verschleppung der Japanischen Buschmücke hatte der weltweite Altreifenhandel sehr wahrscheinlich wesentlichen Anteil. Dies war in der Nachkriegszeit schon für die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) der Fall und gilt auch für die inzwischen regelmäßig nach Deutschland eingeschleppte, Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). All diesen Arten gelingt es, die Wasserpfützen zu besiedeln, die sich in lagernden Reifen und anderen kleinsten Wasserneigen bilden. Im Eistadium können sie dann aber auch deren Austrocknung überdauern.
Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictuis) stammt aus dem asiatischen Raum und breitete sich ebenfalls schnell in verschiedenen Ländern Europas aus. Während die Japanische Buschmücke aber in ihrem Ursprungsgebiet die höheren und kühleren Gegenden besiedelte, entstammt die Tigermücke den tropischen und subtropischen Regionen. Trotzdem, die relativ kühlen Temperaturen in Mittel- und Nordeuropas behindern sie offenbar weit weniger als zunächst erwartet. In Italien gelang der Asiatischen Tigermücke die Etablierung und Ausbreitung bereits in den 1990er Jahren, 2007 fand man sie dann erstmals im Rheinland. Anders als die Japanische Buschmücke, schaffte sie es bisher aber nicht, sich in Deutschland längerfristig zu etablieren.
Die Busch- und Tigermücke kennzeichnet eine dunkle Körperfarbe mit auffallenden, weißen Streifen am Körper und an den Beinen. Beide können aber leicht mit heimischen Arten verwechselt werden. Im Unterschied zur den typischen Hausmücken attackierten die eingewanderten Arten den Menschen tagsüber, sie widersteht nicht selten auch sehr hartnäckig abwehrenden Handbewegungen. Auch werden mehrere Blutwirte schnell nacheinander angeflogen, was die Ausbreitungswahrscheinlichkeit einer Infektion erhöht.
Die medizinischen Risiken und die Lästigkeit der Stechmücken lassen viele Menschen über Möglichkeiten der Bekämpfung nachdenken. Dies mag bei künstlichen Behältnissen, wie Regentonnen, Garten- und Friedhofsvasen, praktikabel und unschädlichn sein. Aufgrund der unzureichenden Kenntnisse über die Bedeutung von Naturhabitaten als Brutstätten für die neu eingewanderten Mücken ergeben sich für den Naturschutz Konfliktsituationen. Grundsätzlich sind Tiere, die sich über Jahrmillionen vor dem Auftreten des Menschen entwickelt und evolutiv durchgesetzt haben, ein natürliches Glied des Nahrungsnetzes im Wasser und nach dem Schlupf auch für die Fledermäuse und Vögel, die z.B. am Ufer oder über dem Gewässer jagen. Welche Folgen ihre Abwesenheit nach sich ziehen könnte, ist kaum untersucht. Andererseits stehen zumindest die gesundheitlichen Belange des Menschen im Gesetz über den Belangen des Naturschutzes.
Für heimische Stechmückenarten, die größere Gewässer besiedeln, ist die Förderung natürlicher Feinde oft empfehlenswert. Das sind Mücken(larven)vertilger unter Wasser, also Moderlieschen und weitere Kleinfischarten, Wasserkäfer und Libellen sowie deren Larvalstadien, auch von Molchen, Kröten und Fröschen. Über Wasser machen diese Arten als erwachsene Tiere im Fluge und mit Sprüngen sehr erfolgreich Jagd auf die Mücken. Zu möglichen natürlichen Feinden und Konkurrenten der in winzigen Wasserneigen lebenden Entwicklungsstadien von Buschmücke und Tigermücke gibt es in der Literatur kaum Aussagen. Die tagsüber fliegende Tigermücken dürften allerdings zum Nahrungsspektrum der Insekten fressenden Singvögel zählen, also z.B. Seglern, Schwalben, Rohrsängern, Grasmücken, Meisen und Braunellen. Auch Körnerfresser wie Sperlinge füttern Jungvögel mit Fluginsekten, soweit sie deren habhaft werden. Teichbesitzer sind gut beraten, möglichst zahlreiche Kleinfische wie Moderlieschen, Ukelei, Elritze und Stichlinge mit abwechslungsreicher Vegetation und guter Wasserqualität zu fördern und Raubfischbestände oder großwüchsige Vertreter wie alte Karpfen klein zu halten.
Ellen Kiel, Remmer Akkermann, Liesa von Essen
Frösche in künstlichem Wasserbecken; Mücken gehören zur Hauptnahrung (Foto: R. Akkermann)
Zu den Mücken-Jägern gehören Kleinfische, darunter das Moderlieschen (Grafik: aus Naturschutz Praktisch, Nr. 33, 1983, verändert)
Dieses große Modell dient der Demonstration der äußeren Gestalt und Merkmale der Mücken (Mit freundlicher Genehmigung von SOMSO-Modelle, Coburg)