Stechmücken als Nahrungsangebot und Krankheitsüberträger

Tigermücken sind Zweiflügler, deren Weibchen Blut saugen. Die Männchen hingegen nehmen Pflanzensäfte auf.  (Foto: Mit freundlicher Genehmigung durch das Bernhard-Nocht-Institut (BNITM)

 

Tigermücken auch schon im Norden angekommen

Wardenburg. Schon immer spielten blutsaugende Fluginsekten wie Stechmücken, Kriebelmücken, Bremsen und Wadenstecher biologisch und medizinisch auch in Mitteleuropa eine wichtige Rolle. Einerseits sind die wasser- oder schlammlebenden Larven eine bedeutende Nahrung für andere Organismen, wie zum Beispiel für Kleinkrebse, Kleinfische, Amphibien und Singvögel. Andererseits gab und gibt es zahlreiche Erkrankungen, deren Erreger von den verschiedenen Mückengruppen auf Menschen oder Tiere übertragen werden. So waren die Bewohner ganzer Landstriche, wie z.B. Butjadingen oder Ostfriesland, in den zurückliegenden Jahrhunderten bis in die 1950er Jahre vom sogenannten „Marschenfieber“ betroffen. Übertragen wurde diese Krankheit von Stechmücken der Gattung Anopheles. Wie die Weibchen aller Stechmückenart saugen auch die Anopheles-Arten das Blut von Warmblütlern, da sie dieses für die Reifung der Eier benötigen. Ist der Blutwirt an Malaria erkrankt, nehmen sie mit seinem Blut die Erreger (Sporozoen) auf. Nach deren Weiterentwicklung und Vermehrung im Mückenkörper geben die Mückenweibchen sie bei einer späteren Blutmahlzeit mit dem Speichel an einen anderen Wirt ab. Hierzulande fliegen neben den Anopheles-Mücken aber noch viele andere Mückenarten. Vor allem die verschiedenen Arten der Gattung Culex sind in der Nähe des Menschen regelmäßig anzutreffen und übertragen andere Krankheiten, wie z.B. das West-Nil-Fieber. Die von den Anopheles-Arten zu unterscheidende Körperhaltungen beschreibt ein alter Merkspruch: „ Sitzt `ne Mücke schräg zur Wand, Anopheles wird sie genannt!“.

Zu den 50 in Deutschland heimischen Stechmückenarten zählt inzwischen auch die Japanische Buschmücke (Ochlerotatus japonicus). Sie wurde erst 2008 in der Schweiz und bald danach in Süddeutschland nachgewiesen und besiedelte ursprünglich nur Japan, Korea und Südchina. Offenbar breitete sie sich nach ihrer Einschleppung schnell bis nach Norddeutschland aus. Soweit bisher bekannt, bieten dieser Art Friedhöfe mit den dort aufgestellten Blumenvasen ideale Brutstätten. Als sogenannter „Rockpool-Moskito“ findet man sie aber auch in Vogeltränken, Regenfässern, Gießkannen, vergessenem Kinderspielzeug und anderen kleinen Gefäßen im Haus- und Hofumfeld, in denen sich kleine Wasserneigen sammeln. Schon im Sommer 2015 hatte die Japanische Buschmücke das südliche Niedersachsen erreicht. Human- und Veterinärmedizin wiesen nach, dass diese Art das Dengue- und das Chikungunya-Virus aber auch weitere Erreger übertragen kann, Krankheiten, die oft schwerwiegende Erkrankungen des Menschen auslösen. Solche Arbovirosen (von Gliedertieren, also Arthropoden, übertragene Viruserkrankungen) können aber auch Tiere betreffen.

An der Verschleppung der Japanischen Buschmücke hatte der weltweite Altreifenhandel sehr wahrscheinlich wesentlichen Anteil. Dies war in der Nachkriegszeit schon für die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) der Fall und gilt auch für die inzwischen regelmäßig nach Deutschland eingeschleppte, Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). All diesen Arten gelingt es, die Wasserpfützen zu besiedeln, die sich in lagernden Reifen und anderen kleinsten Wasserneigen bilden. Im Eistadium können sie dann aber auch deren Austrocknung überdauern.

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictuis) stammt aus dem asiatischen Raum und breitete sich ebenfalls schnell in verschiedenen Ländern Europas aus. Während die Japanische Buschmücke aber in ihrem Ursprungsgebiet die höheren und kühleren Gegenden besiedelte, entstammt die Tigermücke den tropischen und subtropischen Regionen. Trotzdem, die relativ kühlen Temperaturen in Mittel- und Nordeuropas behindern sie offenbar weit weniger als zunächst erwartet. In Italien gelang der Asiatischen Tigermücke die Etablierung und Ausbreitung bereits in den 1990er Jahren, 2007 fand man sie dann erstmals im Rheinland. Anders als die Japanische Buschmücke, schaffte sie es bisher aber nicht, sich in Deutschland längerfristig zu etablieren.

Die Busch- und Tigermücke kennzeichnet eine dunkle Körperfarbe mit auffallenden, weißen Streifen am Körper und an den Beinen. Beide können aber leicht mit heimischen Arten verwechselt werden. Im Unterschied zur den typischen Hausmücken attackierten die eingewanderten Arten den Menschen tagsüber, sie widersteht nicht selten auch sehr hartnäckig abwehrenden Handbewegungen. Auch werden mehrere Blutwirte schnell nacheinander angeflogen, was die Ausbreitungswahrscheinlichkeit einer Infektion erhöht.

Die medizinischen Risiken und die Lästigkeit der Stechmücken lassen viele Menschen über Möglichkeiten der Bekämpfung nachdenken. Dies mag bei künstlichen Behältnissen, wie Regentonnen, Garten- und Friedhofsvasen, praktikabel und unschädlichn sein. Aufgrund der unzureichenden Kenntnisse über die Bedeutung von Naturhabitaten als Brutstätten für die neu eingewanderten Mücken ergeben sich für den Naturschutz Konfliktsituationen. Grundsätzlich sind Tiere, die sich über Jahrmillionen vor dem Auftreten des Menschen entwickelt und evolutiv durchgesetzt haben, ein natürliches Glied des Nahrungsnetzes im Wasser und nach dem Schlupf auch für die Fledermäuse und Vögel, die z.B. am Ufer oder über dem Gewässer jagen. Welche Folgen ihre Abwesenheit nach sich ziehen könnte, ist kaum untersucht. Andererseits stehen zumindest die gesundheitlichen Belange des Menschen im Gesetz über den Belangen des Naturschutzes.

Für heimische Stechmückenarten, die größere Gewässer besiedeln, ist die Förderung natürlicher Feinde oft empfehlenswert. Das sind Mücken(larven)vertilger unter Wasser, also Moderlieschen und weitere Kleinfischarten, Wasserkäfer und Libellen sowie deren Larvalstadien, auch von Molchen, Kröten und Fröschen. Über Wasser machen diese Arten als erwachsene Tiere im Fluge und mit Sprüngen sehr erfolgreich Jagd auf die Mücken. Zu möglichen natürlichen Feinden und Konkurrenten der in winzigen Wasserneigen lebenden Entwicklungsstadien von Buschmücke und Tigermücke gibt es in der Literatur kaum Aussagen. Die tagsüber fliegende Tigermücken dürften allerdings zum Nahrungsspektrum der Insekten fressenden Singvögel zählen, also z.B. Seglern, Schwalben, Rohrsängern, Grasmücken, Meisen und Braunellen. Auch Körnerfresser wie Sperlinge füttern Jungvögel mit Fluginsekten, soweit sie deren habhaft werden. Teichbesitzer sind gut beraten, möglichst zahlreiche Kleinfische wie Moderlieschen, Ukelei, Elritze und Stichlinge mit abwechslungsreicher Vegetation und guter Wasserqualität zu fördern und Raubfischbestände oder großwüchsige Vertreter wie alte Karpfen klein zu halten.

Ellen Kiel, Remmer Akkermann, Liesa von Essen

Frösche in künstlichem Wasserbecken; Mücken gehören zur Hauptnahrung (Foto: R. Akkermann)

Zu den Mücken-Jägern gehören Kleinfische, darunter das Moderlieschen (Grafik: aus Naturschutz Praktisch, Nr. 33, 1983, verändert)

Dieses große Modell dient der Demonstration der äußeren Gestalt und Merkmale der Mücken (Mit freundlicher Genehmigung von SOMSO-Modelle, Coburg)


NAFOR Jahresbericht 2015

Naturschutzpolitische Fragen hatten in 2015 bei der Bundesregierung eine eher nachrangige Priorität gegenüber anderen drängenden politischen Themen, die nicht zu den Ressorts des BMU oder BML gehören. Hier standen Anschluss-Termine im Rahmen von Fördermaßnahmen zugunsten der Biodiversität im Vordergrund; sie betrafen vor allem Großinvestitionen in Schutzgebieten. Die naturschutzrelevanten Gesetzeswerke wie die Novellierung des Bundeswaldgesetzes verblieben weiterhin in der Beratungsphase.

Die Aktivitäten von NaFor betrafen die gelegentliche Information der Mitgliedsvereine und Mitglieder des Präsidiums zu aktuellen Themen wie Gewässerschutz, das weitere Vordringen von Wölfen und Reaktion der betroffenen Schäfereien, Gentechnik und sonstige Themen aus Biologie und Ökologie.

In Pressemitteilungen wurde auf neue Publikationen hingewiesen, bei denen NaFor mitgewirkt hat, darunter ein neues Ökoporträt „Laubsänger des Nordens – Zilpzalp, Fitis, Waldlaubsänger“ (4 S.) und unter dem Titel „Wühlmäuse – ungeliebte Gartenbewohner und Nahrung für Beutegreifer“ das Blatt „Die Schermaus, Arvicola terrestris“.(4 S.). Besonders die Abbildungen von Tierfotografen und Artenkennern überzeugen. Mit dem Laubsänger-Blatt endet die jahrzehntelange Kooperation mit der Grafik und Bildgestaltung Rudi Gill (München) aus dessen gesundheitlichen Gründen.

Die inzwischen 155 Merkblätter (abrufbar unter www.bsh-natur.de / Service / Herunterladen) haben bundesweite Resonanz gefunden und sind das Aushängeschild der hier miteinander kooperierenden Verbände NaFor, NVN und BSH. Vorbild für diese Art Merkblätter waren die seit den siebziger Jahren durch den Bayerischen Landesverband für Gartenbau und Landespflege, durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie durch die Bayer. Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau/Abt. Boden- und Landschaftspflege herausgegebenen Merkblätter (Beispielthemen: Hecken, Feldgehölze und Feldraine in der landwirtschaftlichen Flur. Obstbäume für den Garten. Der grüne Friedhof. Ratschläge zur Baumpflege. Gewürzpflanzen für den Hausgarten, Die Verwendung der Stauden. Die fachgerechte Kompostierung von Gartenabfällen.).

Nach fünfjähriger Vorarbeit wurde ein größeres Buchprojekt unter dem Titel: „Die Jade – Flusslandschaft am Jadebusen. Landes- und naturkundliche Beiträge zu einem Fluss zwischen Moor, Marsch und Meer“ zum Abschluss gebracht. Mitgearbeitet haben auf 482 (anl. CD: 616) S. 71 Autorinnen und Autoren. Herausgeber sind die NaFor-Mitglieder BSH und Oldenburger Landesverein. Der fünfköpfigen Redaktion gehören mit Heiko Brunken, Liesa-Marlena von Essen und Remmer Akkermann drei dem Präsidium von NaFor an. Der umfangreiche und mit 438 Abb., 25 Tab. und 72 Übersichtskarten gut illustrierte Band wird am elften Dezember 2015 im Wattenmeerhaus Wilhelmshaven öffentlich vorgestellt.
Gedankt wird den Sponsoren NLWKN, Oldenburgische Landschaft, Barthel-Stiftung, LzO und anderen (ISBN 978-3-7308-1075-0, 26,80 EUR). Ein Vorabhinweis ist online zu sehen unter www.jadebuch.de.

Da sich Mitgliedsvereine von NaFor über die Bagatellisierung der bundesweiten Aktion „Mundraub“ beschwerten, wurde anlässlich der Auszeichnung dieser Aktion
durch das BMBF am 1. Oktober eine Erklärung von NaFor abgegeben. Darin wird auch die Kehrseite dieser Aktion beleuchtet, unter anderem der finanzielle Verlust für Besitzer offen zugänglicher Streuobstwiesen – wie Gartenbau- und Naturschutzvereine-, von deren Flächen mit Fahrzeugen und großen Behältnissen das Obst entwendet wurde. Das hat nichts mehr mit „Mundraub“ zu tun, so NaFor.

Ein wichtiger Aspekt war im Zeichen der TA „Straßenbäume“ auch der Schutz bestehender älterer Alleen. Hier unterstützt NaFor die Initiative des Niedersäch-sischen Heimatbundes, der dazu aufruft, vorhandene erhaltenswürdige Alleen zu melden, so dass sie in einem Schutzkataster aufgelistet werden können und auch bei Planverfahren berücksichtigt werden sollten.

Das Blühstreifenschutzprogramm in Niedersachsen wurde von den Berufs- und Erwerbsimkern in Deutschland als vorbildlich ausgezeichnet. Diese Fördermaßnahme des NML wurde von NaFor begrüßt. Auch die Mitgliedsverbände
des NaturschutzForums sind schon seit langem und immer wieder bemüht, die wichtige Arbeit der Imker auf der Basis der Förderung von Nektarien in der freien Landschaft ebenso wie im besiedelten Bereich zu unterstützen. Auf den allgemeinen Bestandsschutz und die Berücksichtigung der Ansiedlung durch die nicht-schwarmbildenden Solitärbienen wurde gleichermaßen aufmerksam gemacht.

Anlässlich der Grünen Woche 2015 sprach sich NaFor für die stärkere Förderung der ökologischen Leistungen durch Landwirte aus, zum Beispiel im Falle der Weidemilch.. Die entsprechende EU-Förderung ist vorgesehen, wurde jedoch durch den Bauernverbandspräsidenten.im Beisein des EU-Agrarkommissars Hogan dahin- gehend relativiert, dass er gegen Begriffe wie „industrielle Landwirtschaft“ und „Massentierhaltung“ argumentierte.

Mit Schreiben vom 29. März 2015 nahm NaFor in Rücksprache mit der zuständigen Staatssekretärin mehrseitig Stellung zum Entwurf zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung – DüV). Darin wird unter anderem kritisiert, dass lediglich Kohlenstoffkreisläufe zu Grunde gelegt werden, nicht aber die ökologische Gesamtheit des Bodenlebens incl.Mesofauna, auf die damit z.B. bei der Ausbringung von Gülle und Biogas-Gärresten keine Rücksicht genommen zu werden braucht. Die DüV ist noch nicht abschließend erlassen.

Die Erklärungen von Papst Franziskus wurden von NaFor mit PM vom 16. Juli 2015 begrüßt. Nach den gemeinsamen Erklärungen der beiden christlichen Kirchen in Deutschland hat nun erstmals das Oberhaupt der katholischen Kirche eindeutig zugunsten der Natur, von Regenwäldern und nachhaltigem Wirtschaften Stellung genommen. Das wird sehr beachtet und fördert die Lebensgrundlagen des Menschen. Unter anderem fordert Franziskus eine neue universale Solidarität aller Interessengruppen zugunsten d er Natur.

Liesa-Marlena von Essen, M. Sc.
Präsidentin von NaFor


Digitaler Biodiversitätsatlant der Hochschule Bremen ausgezeichnet

Bremen. Das Projekt „Online-Atlas zur Biologischen Vielfalt“ von Prof. Dr. Heiko Brunken, Professor für Angewandte Fisch- und Gewässerökologie, und Prof. Dr.-Ing. Heide-Rose Vatterrott, Professorin für Informatik, wurde erneut von der UN-Dekade Fachjury ausgezeichnet. Aus diesem Anlass wird in Kürze auf der Webseite der UN-Dekade (http://www.undekade-biologischevielfalt.de) unter der Rubrik „Projekt der Woche“ auf das Projekt der Hochschule Bremen hingewiesen.In einer Arbeitsgemeinschaft zwischen Biologie und Informatik an der Hochschule Bremen wurden Internetwerkzeuge entwickelt, um Daten über biologische Vielfalt dezentral zu erheben, auszuwerten und über Fachportale einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Das vollständig auf Open-Source-Webanwendungen beruhende Projekt folgt mit dem „Digitale Biodiversitätsatlanten“ dem Gedanken des so genannten „Citizen Science“ und baut Brücken zwischen Wissenschaftlern, akademisch gebildeten Experten und engagierten Bürgern. Weitere Informationen unter: http://biodiversity.hs-bremen.de/. Ganz speziell für Bremen wurde mit dieser Software der „Säugetieratlas von Bremen und Umgebung“ entwickelt, für den seit seiner Veröffentlichung im Januar 2015 bereits über eintausend Beobachtungen eingegangen sind: http://www.saeugetieratlas-bremen.de/.

Bereits im November 2013 wurde das Projekt „Digitaler Biodiversitätsatlas – Open Access Darstellung faunistischer Daten im Internet“ der AG Biodiversität im Forschungscluster „Region im Wandel“ an der Hochschule Bremen als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. Die Würdigung geht an Projekte, die sich in nachahmenswerter Weise für die Erhaltung der biologischen Vielfalt einsetzen.

Die Original Presseinformation finden Sie unter: http://www.pressebox.de/pressemitteilung/hochschule-bremen/Online-Atlas-zur-Biologischen-Vielfalt-erneut-von-UN-Dekade-Fachjury-ausgezeichnet/boxid/767503

„Mundraub“ verharmlost Diebstahl?

Naturschutzforum hält diese Aktion für grenzwertig

Oldenburg. Die beschwichtigenden Erklärungen der gleichnamigen Internetplattform, man mache Interessierte an Hand von Karten nur darauf aufmerksam, wo es Obst, Gemüse oder Kräuter im öffentlichen Raum kostenlos zu ernten gebe, sofern die Eigentumsrechte respektiert würden, haben auch ihre Kehrseite.

Das Naturschutzforum Deutschland (NaFor) sieht genau darin das Problem. Denn wer hole die Genehmigung ein, wenn öffentliche und private oder vereinseigene Flächen nebeneinander liegen und leicht verwechselt werden können? Schon der Begriff „Mundraub“ verharmlose die Situation, wenn sich dadurch immer wieder Personen berechtigt sähen, Obstbaumwiesen zum Teil oder komplett abzuernten, ohne zu fragen und obwohl die Eigentümer das Obst selbst verwerten möchten. Dann sei das Diebstahl fremden Eigentums.

Es sind Beispiele bekannt, wo sich Nachbarn und Besucher keinesfalls an das Prinzip der „Handvoll“ halten, gegen das kaum jemand etwas einzuwenden hätte, ganz ähnlich wie das  in der Naturschutzgesetzgebung begrenzte Pflücken eines kleinen Hand-Blumenstraußes. Inzwischen glauben sich manche im Recht, wenn sie mit PKW auf die Flächen fahren und abernten, was die Transportbehälter fassen können. Damit entgehen nicht selten Vereinen und anderen Flächeneigentümern die Möglichkeit der Eigenverwertung, zum Beispiel für die Vermostung zu Apfelsaft. Dadurch kommt es zu Verlusten von Hunderten und Tausenden von Euro, Einnahmen, die von Naturschutzvereinen dringend benötigt werden.

Angesichts der rapide zurückgehenden Saumbiotope wird nicht geerntetes Fallobst durch wildlebende Tiere verwertet – und sei es als Notfutter im Winter, auch wenn es fault und nicht sauber aussieht. Am besten ist es, wenn neue Obstbaumwiesen und früchtereiche Wildbrachen eingerichtet werden   – wo auch immer – , die auch Spaziergängern die Möglichkeit zum maßvollen Probieren geben. Das NaturschutzForum Deutschland ruft deshalb dazu auf, anstelle von „Mundraub“-Aktivitäten weitere Obstbaumwiesen einzurichten oder aber Wildkräutern auf eigenen Brachflächen freien Lauf zu lassen und die Samenreife zu ermöglichen.

Remmer Akkermann


Alleen in Niedersachsen

NAFOR unterstützt Aktion des Niedersächsischen Heimatbundes

 

Hannover. Der Niedersächsische Heimatbund e.V. (NHB) möchte im Rahmen des von der Niedersächsischen-Bingo-Umweltstiftung geförderten Projekts mit Ihrer Hilfe bis Ende 2017 eine Übersicht der wichtigsten und schönsten Alleen Niedersachsens erstellen, um damit zur Erhaltung der Alleen beizutragen. Unter www.alleen-niedersachsen.de können Sie uns Ihre Allee mitteilen.

Alleen als wichtige Elemente der Kulturlandschaft
Seit Jahrhunderten prägen Alleen das Landschaftsbild Niedersachsens. Ursprünglich als gärtnerisches Gestaltungselement in herrschaftlichen Parkanlagen entstanden, begleiten sie seit der Mitte des 18 Jahrhundert die neue entstandenen Chausseen. andere zur Betonung von Schlössern, herrschaftlichen Gütern oder bedeutenden Bauernhöfen in der Landschaft. Gepflanzte Bäume können aus kirchlichen (Kirch- oder Pilgerwege, Toten- bzw. Begräbniswege), aber auch aus militärischen oder ökonomischen Motiven entstandene Wege wie Heerstraßen und Handelswege begleiten. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts waren Alleen überall in der Kulturlandschaft verbreitet. Mit dem Ausbau der Straßen vor allem in den 1960er und 1970er Jahren ging ein starker Rückgang der Alleen vor allem in den westlichen Bundesländern einher. Aber es sind sowohl historische Alleen erhalten geblieben, als auch neue Alleen gepflanzt worden, die bis heute wieder vielfach eine landschaftsprägende Bedeutung haben und Niedersachsen wie ein grünes Netz durchziehen. Sie sind wichtige Elemente der Landschaftsgestaltung, gliedern und beleben die Landschaft. Gerade in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gegenden sind sie oft die einzigen strukturgebenden Elemente in der Landschaft. Alleen vernetzen wertvolle natürliche Lebensräume und sind selbst Lebensraum für eine artenreiche Insekten- und Vogelfauna. Fledermäuse nutzen Alleen als Jagdbiotope und zeigen beim freien Flug eine enge Bindung an linienförmige Landschaftselemente, wie es Alleen an Straßen darstellen Straßenbäume sind zudem wichtig für das Mikroklima und tragen maßgeblich zur Luftfilterung und Reduzierung der vom Verkehr emittierten Feinstäube bei: Geschlossene Alleen können in belaubtem Zustand bis zu einen hohen Anteil der Feinstäube aus der Luft herausfiltern.
Die Funktionsvielfalt und Nutzungsgeschichte der Alleen macht sie zu wichtigen Elementen der Kulturlandschaft, die durch ihre landschaftsprägende Wirkung und kulturhistorische Bedeutung in erheblichem Maße zur Eigenart und Vielfalt und Schönheit des Landschaftsbildes beitragen.

Alleen in Gefahr
Jedoch bestehen aufgrund der Verkehrssicherungspflicht und der Unterhaltung von Straßen sowie dem Ausbau von Verkehrswegen ernsthafte Gefahren für den Fortbestand der straßenbegleitenden Alleen. Insbesondere die erhöhte Zahl an schweren Unfällen hat zu einer intensiven Diskussion zur Vereinbarkeit von Straßenbäumen und Straßenverkehr geführt, die in Niedersachsen nach wie vor aktuell ist Straßenbegleitende Alleen sind allerdings aufgrund des Ausbaus von Straßen in ihrem Bestand gefährdet. Neue Richtlinien (Empfehlung für den Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume, ESAB und die Richtlinie für den passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme, RPS 2009) erschweren Nachpflanzungen und fördern gemeinsam mit der Tatsache, dass nur wenige Alleen rechtlich geschützt sind, das Fällen von Alleebäumen. Zudem ist es mit wenigen Ausnahmen gängige Praxis in Niedersachsen, dass gefällte Alleebäume nicht nachgepflanzt werden. Dabei geht der typische Charakter von Alleen und der wesentlich durch sie bestimmten Landschaftsbilder im Laufe der Zeit verloren, und die Alleen verschwinden sukzessive aus dem Straßenbild. Da Alleen nur in Ausnahmefällen einem rechtlichen Schutzstatus unterliegen, existiert weder bei den Landkreisen noch in den Landesbehörden eine Übersicht dieser für das Land so prägenden Kulturlandschaftselemente.

Erfassung und Schutz von Alleen
Aufgrund der großen Bedeutung der Alleen für die Kulturlandschaft in Niedersachsen und der Verbundenheit der Bürger und Bürgerinnen mit diesen Landschaftselementen soll mit Hilfe dieses Projektes eine Übersicht der wichtigsten und schönsten Alleen Niedersachsens entstehen. Insgesamt sollen mindestens 500 Alleen aus allen Regionen Niedersachsen erfasst und durch den NHB nach ihrer Meldung vor Ort aufgesucht, nach einheitlichen Kriterien charakterisiert und bewertet werden. Die wesentlichen Merkmale sind dabei die Länge und das Alter der Alleen, ihre Baumartenzusammensetzung, Geschlossenheit und landschaftsprägende Bedeutung.
Die gewonnenen Informationen stehen auf der Seite www.alleen-niedersachsen.denicht nur allen Bürgern Niedersachsen zur Verfügung, sondern sie geben auch Behörden Hinweise zur Bedeutung der Alleen in ihrer Region und tragen damit zu deren Schutz bei.

Dr. Ansgar Hoppe

Pressemitteilung des Niedersächsischen Heimatbundes (NHB), abrufbar unter:
http://www.niedersaechsischer-heimatbund.de/alleen.html


Wühlmäuse – ungeliebte Gartenbewohner und Nahrung für Beutegreifer

Die Fachgruppe Säugetiere der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH) hat ein neues Ökoporträt (4 S.) herausgegeben, und zwar unter dem Titel: „Die Schermaus, Arvicola terrestris (Linnaeus, 1758)“. Autor ist der Osnabrücker Biologe Dr. Thorsten Menke. Darin beschreibt er die Art, gibt Hinweise zur Paläontologie und zu typischen Verhaltensmerkmalen dieses semiaquatischen Nagers. Hier die Einleitung: Sehr im Verborgenen, in ihren Erdgängen, leben die Schermäuse, besser bekannt als Wühlmäuse. Direkt unter uns. Und sie werden erst bemerkt, wenn ihre Lebensweise zu Tage tritt. Denn ihre für den Menschen störende Eigenschaft ist das Benagen von Wurzeln, zum Beispiel von Obstbäumen, und unterirdisch wachsenden Feldfrüchten, wie Kartoffeln und Möhren. Diese Ernährungsweise sorgt dann auch dafür, dass sie dort, wo sie als Nahrungskonkurrent auftritt, intensiv vom Menschen bejagt und verfolgt wird. Aus diesem Umstand hat sich ein großer Markt an Bekämpfungsmaßnahmen in Deutschland und Teilen Europas entwickelt. Dabei konnte jedoch durch die bisherige intensive Forschung viel Interessantes über ihre Lebensweise und ihre Eigenarten herausgefunden werden, was sie in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt. Denn während die Art in Deutschland trotz Bundesartenschutzgesetz von Jedermann getötet werden darf, ist sie in Großbritannien vom Aussterben bedroht und wird dort intensiv geschützt. Deshalb ist auch die Bekämpfung in Deutschland fragwürdig, denn die Schermaus ist als Wühlmaus ein wichtiger Bestandteil im Beutespektrum anderer Arten und trägt auf diese Weise zum ökologischen Gleichgewicht unserer Natur bei. Fehlt sie, so geraten andere geschützte Arten in den Fokus der Beutegreifer. Das Ökoporträt soll dazu beitragen, die Gewohnheiten der Schermaus besser kennenzulernen und ihre Früchte zu schützen, ohne Tiere töten zu müssen.

Das Ökopoträt kann hier abgerufen werden.

Weitere 150 Merkblätter finden Sie unter www.bsh-natur.de / Link auf der Titelseite

Der Autor ist zu erreichen unter: menke.thorsten@web.de

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Foto: Thorsten Menke


Klare Worte zum Naturschutz durch Papst Franziskus

 

NaturschutzForum  Deutschland (NaFor): Nachhaltigkeit und Biodiversität sind wichtige aktuelle Themen der Kirchen

Wardenburg.  „Verantwortung wahrnehmen für die Schöpfung“ lautete das Schwerpunktthema einer gemeinsamen Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz – erschienen 1985. Darin wurden grundsätzliche Aussagen zum Natur- und Umweltschutz formuliert. Von „Mitkreatürlichkeit“ war ebenso die Rede wie vom ökologiepolitischen Engagement. Es mündete in der Feststellung: „Die Gefahr, daß der Mensch  selber schließlich Opfer der unheilvollen Entwicklung wird, ist nicht länger zu übersehen.“ (1.1.5)

Zu den weltanschaulichen Ursachen wird erklärt: „Ursache menschlichen Versagens in der Umweltkrise dürften vor allem unzureichende Grundeinsichten sein, so z.B.   – ein Naturverständnis, das den Menschen in falscher Weise in den Mittelpunkt stellt, die Natur bloß als Objekt betrachtet, menschliche Fähigkeiten zur Erhaltung natürlichen Lebens überschätzt und den Eigenwert der Natur nicht wahrnimmt. …   – eine Fortschrittsgläubigkeit, die auf die Lösbarkeit eines jeden Problems vertraut, den Zielkonflikt zwischen technischem Fortschritt und bewahrender Naturnähe aber nicht wahrnimmt, und ökologische Schäden zugunsten ökonomischen Wirtschaftens und industriellen Wachstums bedenkenlos in Kauf nimmt.“ (1.2.1)

Im Jahre 2014 fand auf Einladung der norddeutschen Bischöfe beider Konfessionen in Rastede eine Diskussion mit dem Vorsitzenden der BSH und Vizepräsidenten von NaFor, Prof. Dr. Remmer Akkermann, statt. Neben allgemeinen Fragen des Natur- und Umweltschutzes wurde dabei auch das Schwerpunktthema „Nachhaltigkeit und Biodiversität sowie mögliche Strategien“ angesprochen und diskutiert.

Nunmehr ist auf höchster Ebene die Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus erschienen. Daraus leiten sich zahlreiche Projekte ab, die dem Wohlergehen von Natur und Landschaft, Regenwäldern und dem Schutz natürlicher Ressourcen wie Wasser und wildlebenden Pflanzen- und Tierarten zu Gute kommen. Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) begrüßt diese Initiativen. Denn die entsprechenden Appelle und Vorschläge der „Spitzen-Multiplikatoren“  tragen maßgeblich dazu bei, dass den beschleunigten negativen Veränderungen, wenn nicht gleich Einhalt geboten wird, so doch darauf aufmerksam gemacht und der Blick auf den  überlebensnotwendige Schutz der Biosphäre geweitet wird. Konkrete Hinweise werden durch den Papst gegeben, so unter (14.): „Ich lade dringlich zu einem neuen Dialog ein über die Art und Weise, wie wir die Zukunft unseres Planeten gestalten. Wir brauchen ein Gespräch, das uns alle zusammenführt, denn die Herausforderung der Umweltsituation, die wir erleben, und ihre menschlichen Wurzeln interessieren und betreffen uns alle. Die weltweite ökologische Bewegung hat bereits einen langen und ereignisreichen Weg zurückgelegt und zahlreiche Bürgerverbände hervorgebracht, die der Sensibilisierung dienen. .. Wir brauchen eine neue universale Solidarität…“

Es ist zu wünschen, dass auch die andere Kirchen und Religionsgemeinschaften diese Themen aufgreifen und zu einem Verhalten der Menschen aufrufen, das die Nutzung der natürlichen Ressourcen nicht überstrapaziert, sondern –auf Einsicht basierend-  den Ausgleich, die Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit fördert.

 

Liesa Marlena von Essen ,  M.Sc.

Präsidentin von NaFor

 

Quellen:  ISBN 3-579-01987-2  (Mohn Gütersloh, 63 S.)

www.misereor.de (Die Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus)


NAFOR Jahresbericht 2014

Ein Schwerpunktthema betraf den breiten Komplex der Kompensationen von Eingriffen in die Landschaft. Seit Jahren sind Verursacher von Eingriffen daran interessiert, möglichst wenig Ausgleichs-und Ersatzmaßnahmen auferlegt zu bekommen und –falls doch – diese nur zögerlich oder gar nicht umzusetzen. Dabei kommt der Umstand zugute, dass die unteren Behörden personell kaum in der Lage sind, die Umsetzung der verfügten Auflagen zu überwachen. So wurde von Seiten NaFors und anderer Verbände bei einer agrarindustriellen Anlage  im Bereich des Wiehengebirges konkret nachgerechnet, dass nur 10% der Auflagen erfüllt worden waren und man es dabei beließ. In den achtziger Jahren mussten bauliche Veränderungen vielfach noch im Flächenverhältnis 1:2 ausgeglichen werden, heute

können wir froh sein, wenn im Verhältnis zum überbauten Areal eine gleich große Fläche stillgelegt wird. Leider bedienen sich Planer immer öfter spezifischer Berechnungsschlüssel, die zum Beispiel weniger schutzwürdige Vegetation hinsichtlich des Ausgleichsbedarfs niedriger bewerten, obwohl vor allem der Verlust an Fläche zählt.

Beim „Flächenfraß“ stehen die Bauaktivitäten von Siedlung und Gewerbe mit Abstand im Vordergrund, auch auf Kosten landwirtschaftlicher Flächen. Das wiederum führt zu einem immer höheren Druck auf die verbliebenen Saumbiotope. Ein flächenhaftes Ärgernis zeigt sich darin, dass die satzungsmäßig vorgegebenen Abstände zu Gewässern und Wegen immer geringer werden oder gar nicht mehr vorhanden sind. Die Wiederherstellung dieser Streifenbiotope bis hin zur Wiedereinrichtung ehemaliger breiter Schaftriften gehört nach NaFor-Auffassung zu den ständigen Aufgaben von Gebietskörperschaften, deren Eigentum fremdgenutzt wird, statt dass hier Blühstreifen bis zur Samenreife ihre Entwicklung während der gesamten Vegetationsperiode nehmen können. .

Der Biotopverbund bestimmt nach wie vor zahlreiche ministerielle und kommunale Fördermaßnahmen, zum Teil unterstützt oder ausgeführt durch Naturschutzverbände und Stiftungen wie die Bingo-Umweltstiftungen oder DBU. Auch Mitgliedsverbände von NaFor sind hier mit kleineren oder großflächigen Projekten eingebunden. Hilfreich sind bundesweit durchgeführte Maßnahmen der Gebietskooperationen gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Die Bestandsaufnahmen machen deutlich, wie stark Gewässer zweiter Ordnung belastet sind. In einem Bundesland wie Niedersachsen betrifft das mehr als 70%, allerdings vor weiterer Degradation bewahrt durch das „Verschlechterungsverbot“, das von NaFor begrüßt wird.

Zum Schutz des Grundwassers und der Sandlückenmesofauna wurde von NaFor die Senkung des Nitrats einschließlich der düngebedingt eingetragenen Begleitstoffe angemahnt. Nach einer leichten Erholungsphase steigt der Nitratgehalt wieder an, in den agrarindustriell bestimmten Gebieten Westfalens und Norddeutschlands überdurchschnittlich stark. Während diese Situation oberflächennahe auch schon in den siebziger Jahren nachgewiesen wurde (120 mg und höher/ltr), ist die durch das Sandgefüge vordringende Nitratfront nunmehr in tieferen Zonen bis hin zu tiefen Trinkwasserbrunnen bis 18m und tiefer nachweisbar. Das Naturschutzforum  sieht in der Ausdehnung von kontrollierten Wasserschutzgebieten und die Bodenberuhigung durch Aufforstung und Dauerbrachen einen Weg aus diesem Dilemma. Das Verschneiden von Trinkwasser ist nur ein Notbehelf.

Im Berichtsjahr ging es verbandspolitisch auch um die Verhinderung des Baus einer Salzpipeline, die vom Einzugsgebiet der Werra/Oberweser bis zum Jadebusen im Gespräch war. Unverständlicherweise sprachen sich dafür auch politische Gruppierungen in Hessen aus, obwohl hätte bekannt sein müssen, dass die Salzvegetation, aber auch touristische Interessen davon sehr negativ betroffen gewesen wären. NaFor hat sich für die

Entsalzung der Abläufe in die Weser ausgesprochen, nicht aber für die weitere Verklappung in einen der großen deutschen Flüsse.

Die Trassenfrage für die Höchstspannungsleitung von der Nordsee in die Hauptverbrauchsgebiete des Südens wurde weiter diskutiert. Dabei wurde einvernehmlich mit Bürgerinitiativen die Verlegung der Kabel in den Boden gefordert, vor allem dort, wo sensible Gebiete wie Flussniederungen, Bruthabitate bedrohter Arten (z.B. Wiesenweihe) sowie Siedlungen betroffen sind. Der Verlauf der Trassen sollte öffentlich vorgestellt und mehrheitlich akzeptiert werden können.  Derartige Abstimmungen laufen mit Tennet und Eon seit Jahren.

Dass sich junge Wölfe aus den angestammten Rudeln auf den militärischen Übungsplätzen in der Lausitz und Lüneburger Heide absetzen und neue Reviere weiter westlich suchen, ist zu erwarten gewesen. Darum kümmern sich inzwischen zahlreiche Wolfsbeauftragte der Jägerschaft und der Naturschutzvereine. Der nahe dem Waldkindergarten in Goldenstedt (Nds.) beobachtete Wolf wurde Schafen zum Verhängnis. NaFor hält es angesichts der Notwendigkeit des Einsatzes von Schafen in der Landschaftspflege für erforderlich, die Schäden schnellstmöglich durch das Land zu ersetzen, ähnlich wie bei Wildgänsen, das gilt auch für den genetischen Nachweis, andernfalls würde sich die Forderung nach ausnahme-genehmigten Abschüssen verstärken. Ansonsten gibt es Vergrämungen, die Wirkung zeigen, sobald Wölfe den Wohnhäusern zu nahe kommen. Dabei sollen die Tiere lernen, dass es

besser ist, Abstand zu halten. Besuche von NaFor-Angehörigen in Polen (Slonsk) erbrachten trotz intensiver Suche keine erfolgreichen Beobachtungsergebnisse, obwohl Wildbiologen wussten, dass sich ein Rudel in der Nähe aufhielt.

Bei einzelnen Projekten von NaFor-Mitgliedsvereinen wurden -auch gemeinsam mit Landfrauen- naturnahe Gärten entwickelt oder völlig neu auf kommunalem Grund angelegt, unterstützt von Schulen, Jägerschaften und Bürgervereinen, auch im Sinne von Gartenbauvereinen. Dabei ging es um Heil- und Küchenkräuter, Obstwiesen mit alten Hochstammsorten, Wallhecken oder kleine botanische Gärten zur Förderung der Artenkenntnis. Dieses Miteinander verschiedener Interessengruppen hat sich sehr bewährt und soll auch künftig fortgeführt werden.


Stellungnahme zum Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung – DüV)

Anlage zum Schreiben vom  29. 03. 2015

Der gemeinsamen Stellungnahme der Verbände NABU, DNR, WWF u.a. vom 30. Januar 2015, die unter anderem sechs positive Aspekte des Entwurfs herausstellt, schließen wir uns an und ergänzen, vor allem in Rücksprache mit den Erfahrungen des Mitgliedsverbandes Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems e.V. (BSH, www.bsh-natur.de), wie folgt.

Die Situation der jahrzehntelangen lokalen bis flächenhaften Überdüngung hat vor allem in Niedersachsen, gefolgt von Regionen in Westfalen und Mecklenburg, dramatische Dimensionen angenommen. Der Trend ist schon seit den siebziger Jahren bekannt und am Beispiel der beiden Landkreise Vechta und Cloppenburg an Hand zahlreicher Vorkommnisse dokumentiert und bemängelt worden. Die damit zusammenhängende wachsende Flächennot und Existenzbetroffenheit kleinerer Betriebe wurde mit dem Aufkommen der Biogasanlagen (z.B. in den Landkreisen Oldenburg und Osnabrück je etwa 100 Anlagen) verschärft und zwingt zunehmend zur Inanspruchnahme von öffentlichen Saumbiotopen für den Maisanbau und zum Heranrücken an Gewässer und andere düngungssensible Biotope. Die von der EU vorgegebene und von NaFor befürwortete Stilllegungspflicht von 5% der Betriebsflächen scheint sich bei diesem Hintergrund äußerst schwierig realisieren zu lassen.

Die Erfassungen von Gebietskooperationen im Nordwesten (zum Beispiel GK Hunte 25 / NLWKN Oldenburg-Brake/Uw., der wir angehören) im Rahmen der EU-WRRL belegen die Situation im Einzugsbereich der heimischen Gewässer ebenfalls.  Im 2. Nährstoffbericht (206 S.)  des NMELV / LWK  Niedersachsen wird das bezüglich des Anstiegs von Gülle- und Gärresten im Zeitraum 2013-2014 zum vorausgegangenen Jahr um 2,6 Mio Tonnen (+4,5%) auf insgesamt 59,2 Mio Tonnen dargestellt, die Bruttoabgabemenge überstieg das Vorjahr sogar um +15 Prozent.. In einer Pressemitteilung vom 17. 03. 2015 wird dazu von Seiten Minister Christian Meyers festgestellt, dass die DüV das geeignete Instrument sein müsse, um das Mengenproblem anzupassen und für Datentransparenz bei der Überwachung zu sorgen (PM 17. 03. 2015, 15.03 Uhr). Das entspricht den jahrzehntelangen Forderungen der in Niedersachsen tätigen Naturschutzverbände und Trinkwasserversorger wie des OOWV. So entsprechen hier formulierte Forderungen den gleichen Aussagen zur damals (1997) neuen Düngeverordnung, deren Broschüre und Kommentare des Ministers Jochen Borchert nach wie vor aktuell sind, aber vielfach in stark betroffenen Bundesländern bis heute nicht hinreichend umgesetzt wurden.

Eine umso größerer Bedeutung kommt der aktuellen Novellierung der DüV aus Sicht des Naturschutzes, einer mehr landschaftsverträglichen Landwirtschaft, des naturerlebnis-orientierten Tourismus und der Naherholung in einer erholungswirksamen, dicht besiedelten Landschaft zu. Da der Berufsstand „Landwirtschaft“ sehr unterschiedlich strukturiert ist und überall auch das friedliche Zusammenleben mit der deutlich mehrheitlichen                                                                                                                                                                       /2

nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung im Vordergrund stehen muss, kommt der Verordnung eine herausragende Stellung zu. Im Einzelnen wäre noch Folgendes anzumerken:

  • 2 Begriffsbestimmungen Es sollten die Begriffe „Humus, Fruchtbarkeit des Bodens, Gärrückstand“ und „nachträglich eintretende Umstände“ (z.B. in § 3 /3) erläutert werden, die ersten beiden sind zentral wichtig, denn aus biologischer Sicht sind sie nicht nur mikrobiologisch (bakteriell, pilzlich, Kohlenstoffgehalt), sondern auch im Hinblick auf die Mesofauna (Bodenmilben, Springschwänze etc.) zu definieren. Unter den tierischen Düngern ist vor allem die Gülle sorgfältig auszubringen, da die mikrobiellen Lebensbedingungen durch das Verschlämmen der Porensysteme beeinträchtigt werden. Ähnliches gilt für die Ausbringung von  Gärrückständen, da deren Mikroflora anaerobe Bedingungen verstärkt. Umso wichtiger ist die Förderung der flächenangepassten natürlichen Weidemilchviehhaltung.
  • 5 Besondere Vorgaben…     Der Ausbringungszeitraum sollte konkretisiert werden (z.B. 20. Februar, zu VETTERs Zeiten war das ja der 1. März; der 31. Januar –s.(7) – wäre uns trotz Klimaänderung deutlich zu früh, der 1. Dezember für Gemüsekulturen zu spät), und zwar mit den einschränkenden Hinweisen zu anderen Terminen. Die jetzige Definition ist zu flexibel und oft grenzwertig (wohlwissend, dass z.B. Marschbauern die Gülle vielerorts auf gefrorenem Boden ausbringen müssen, da diese ansonsten nicht befahrbar sind). Der Abstand der nährstoffausbringenden Fahrzeuge zu Gewässern sollte – gemessen ab den äußersten Geräteauslegern – mind.5 m, auf feuchten Böden (Niedermoor-, Auen-, Feuchtbrache-Standorten) mind. 10 m betragen. Dies wäre über Landesregierungen  bzw. die Naturschutzbehörden festzulegen. Auf drainierten Flächen bedarf es einer (zumindest in sensiblen Gebieten) stichprobenartigen Kontrolle der Abflussrohre in die Vorfluter durch die unteren Wasserbehörden. Die Satzungen von Wasser- und Bodenverbänden schreiben ohnehin schon größerenteils Abstände von 1 m ab Böschungsoberkante vor, einige –n.u.K. in Ostfriesland- weichen aber davon durch größere Maße ab. Das sollte nicht durch die VO-Vorgabe verschlechtert werden, was auch der WRRL entgegenlaufen würde. Wir schlagen vor, die Abstandsregelung grundsätzlich auf 5 m zu erhöhen – wie es vielerorts auch schon geltendes Recht ist (z. B. NWG), das würde der Landschaft mehr Raum zugunsten der Artenvielfalt geben (und [am Rande vermerkt] zur Kompensation der flächenhaften  unzulässigen Inanspruchnahme öffentlicher Flächen beitragen).
  • 8 Nährstoffvergleich (Begünstigung kleinerer Betriebe und Milchviehweidehaltung Die verpflichtende Einführung einer vollständigen Brutto-Hoftorbilanz sollte für alle Betriebe uneingeschränkt verbindlich gemacht werden. Da die Milchviehbetriebe mit Weidewirtschaft, allemal jene mit durchschnittlicher oder geringerer Herdengröße, für den Wiesenvogelschutz von besonderer Bedeutung sind, bitten wir darum, dass gerade diese Grünlandbetriebe durch die DüV begünstigt werden. Das kommt gleichermaßen der Artenvielfalt an blühenden Gefäßpflanzen der Krautschicht auf Mähwiesen zugute, sofern zumindest flächensektoral eine Samenreife erreicht wird.
  • 9 (5) Nichteinhaltung der Vorgaben der Düngeberatung                                          Bei einem zweiten oder mehrfachen Verstoß sollten steigende Bußgelder verhängt werden. Andernfalls ist der Aufwand für eine Düngeberatung nicht zu rechtfertigen.
  • 10 (3) Aufzeichnungen sollten für 10 Jahre (wie allgemein üblich) aufbewahrt werden.

Kontakt:  Dr. Remmer Akkermann, Tel. 04407 922201 (Büro: 04407 5111)


Neues BSH/NVN Ökoporträt: Laubsänger des Nordens – Zilpzalp, Fitis, Waldlaubsänger

Vier Naturschutzverbände informieren über markante Singvögel

Wardenburg. Mit dem Ökoporträt 51 zum Thema „Laubsänger des Nordens“ ist ein 4-seitiges Merkblatt mit einer Kurzübersicht zu den biologischen Merkmalen erschienen. Als Herausgeber firmieren die Naturschutzverbände NaFor, BSH, NVN und OAO. Die gut bebilderte Information kann hier aufgerufen werden. Nachfolgend ein kurzer Ausschnitt der Titelseite:

Wer neben Nachtigall und Drosseln auch weniger auffällig singenden Vogelarten seine Aufmerksamkeit schenkt, bemerkt zwischen März und Oktober in Parks, Gebüschen und Gärten, in Wald und Feldflur die Stimmen von Laubsängern. Der häufigste von ihnen ist der Zilpzalp, gesanglich schnell erkennbar an seinem namensgebenden „zilp zalp zelp zilp“, rhythmisch bis leiernd gesungen und dazwischen stakkatoartig verbunden mit hartem „trd trrt trd“. Der nächstverwandte Fitis trägt eine abfallende kurze Strophe vor, die sich anhört wie „Di di di di due dea dea due deida da“ (Kleinschmidt), geradezu schwermütig flötend. Mit der Brutzeit nimmt die gesangliche Aktivität oft ab. Laubsänger sind tagsüber fast immer in Bewegung. Eindeutige optische Unterschiede der beiden ähnlich aussehenden Arten sind die beim Zilpzalp überwiegend dunklen bzw. beim Fitis hellen Beine. Der das Unterholz der Laubwälder bewohnende Waldlaubsänger ähnelt Zilpzalp und Fitis. Er hat aber einen völlig anderen Gesang („zipp zipp sippsipp sirrrrr“), nicht selten zweiteilig im niedrigen Gleitflug und auf einer Singwarte (Ast) vorgetragen. Begegnen sich diese Arten, so erkennen sie den „Anders-artigen“ sofort an dessen Gesang, auch ohne ihn schon gesehen zu haben, was wegen der optischen Ähnlichkeit zu Verwechselungen führen konnte.

Kathrin Kroker

Waldlaubsänger (Foto: Stefan Pfützke / www.green-lens.de)