Regenwürmer sind als „System-Ingenieure“ Garanten der unterirdischen Biodiversität – VBIO referiert aus Science

Der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e.V. – VBIO referiert in einem Bericht vom 25. Oktober über eine Studie des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Leipzig. Es wurden Daten von Regenwurmpopulationen von 6928 Standorten aus 57 Ländern ausgewertet. Nachfolgend dazu Auszüge aus der Rezension des VBIO, aufrufbar unter:

www.vbio.de/aktuelles/lokale-regenwurm-vielfalt-in-europa-groesser-als-in-den-tropen/

Fast überall auf der Welt gibt es Regenwürmer. Wo der Boden nicht dauerhaft gefroren, zu sauer, zu nass oder vollkommen trocken ist, fressen Regenwürmer organisches Material, graben Löcher und mischen Humus und Erde. Auf diese Weise fördern sie eine Vielfalt von Ökosystemleistungen des Bodens – machen Nährstoffe verfügbar, helfen klimawirksamen Kohlenstoff zu speichern oder Samen zu verbreiten. Regenwürmer gelten deshalb als „Ökosystem-Ingenieure“. Ihre Bedeutung spiegelt sich auch in ihrer großen Gesamt-Biomasse wider: Diese ist oft größer als die Gesamt-Biomasse aller am selben Ort lebenden Säugetiere.

Die Ergebnisse der Studie sind auch für den Naturschutz wichtig: Biodiversität ist ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl schätzenswerter Gebiete. Das Ausblenden unterirdischer Vielfalt kann dazu führen, dass Regenwürmer nicht ausreichend geschützt werden – und damit auch ihr Beitrag zum Funktionieren der Ökosysteme. Entsprechend müsste auch die unterirdische Biodiversität berücksichtigt werden, um die wahren Hotspots der Biodiversität zu identifizieren: „Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel beim Schutz der biologischen Vielfalt“, sagt Nico Eisenhauer (vom Team des iDiv, Red.) . „Weil wir es nicht sehen, vergessen wir allzu leicht das faszinierende Leben unter unseren Füßen. Regenwürmer mögen im Verborgenen weilen und nicht das Charisma eines Pandas haben. Aber sie sind extrem wichtig für andere Lebewesen und das Funktionieren unserer Ökosysteme.“

Die Bedeutung von Regenwürmern ist unbestritten und in zahlreichen Publikationen dargestellt. Das NaturschutzForum Deutschland e.V. (NaFor) hält ein Ökoporträt (Nr. 35) für den Biologieunterricht vor, das vom Regenwurm-Pionier Otto Graff verfasst wurde.

Das Ökoporträt Nr 35 finden Sie hier.


Die Obere Elbe wieder für Fische öffnen! Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) fordert die zuständigen Behörden auf, die Fischaufstiegsanlage bei Geesthacht für bedrohte Fischarten wie Neunaugen und Lachs wieder passierbar zu machen.

Die im Jahre 2010 am Nordufer der Elbe gebaute Fischaufstiegsanlage in der Elb-Staustufe Geesthacht wurde im August 2019 stillgelegt. Ursache dafür war ein Wasserdurchbruch am Staudamm, der an einer Zuwässerungsmulde zu umfangreichen Unterspülungen geführt hatte.

Im Rahmen der erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen hat das Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg allerdings den gesamten Damm abdichten lassen. Dabei wurden auch die Zuwässerungsmulden in der Wehrschwelle verändert. Intakte  Zuwässerungsmulden sind jedoch für die Funktion des am Nordufer der Elbe gelegenen Fischpasses unabdingbar, um die Lockströmung zu erzeugen, die den Fischen Orientierung gibt und die Wanderung flussaufwärts erst ermöglicht. Somit steht derzeit nur der am niedersächsischen Elbufer noch vorhandene alte Fischpass zur Verfügung, der jedoch schon seit Jahren als vollkommen unzureichend gilt.

Im Ergebnis ist den Fischen wie Fluss- und Meerneunauge, Lachs und Schnäpel (um nur einige zu nennen) der Aufstieg in die Oberelbe und in deren gesamtes Einzugsgebiet praktisch unmöglich. Angesichts der aktuellen Meldungen über den dramatischen Rückgang solcher Fischarten ist dieser Zustand nicht hinnehmbar. Fischarten, die wie Neunaugen und Lachs nach der Flora-Fauna-Habitat-(FFH-) Richtlinie  besonderem Schutz unterliegen, sind damit in ihrem Bestand bedroht. Der jetzt eingetretene Zustand stellt darüber hinaus einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie dar.

Vor diesem Hintergrund fordert das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) von den zuständigen Stellen des Landes Schleswig-Holstein eine umgehende Behebung der eklatanten Mängel sicher zu stellen. Zuständig für die Erfüllung der FFH-Richtlinie am Wehr Geesthacht ist das Kieler Umweltministerium. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Lauenburg ist für die Bundeswasserstraße Elbe verantwortlich und hat im Rahmen der Gefahrenabwehr gehandelt, ist aber nicht zuständig für die Fischtreppe. Jetzt sollte sich das Kieler Umweltministerium veranlasst sehen, dem Eigentümer (Vattenfall) umgehend die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Aufstiegsanlage aufzuerlegen.


Zur Biologie der Schwanenblume, einer sehenswerten Röhrichtpflanze -Naturschutzforum und BSH veröffentlichen das Ökoporträt 55

Ein neues Ökoporträt wurde formuliert von der Bremer Biologin Ulrike Kuhn.Es umfasst vier Seiten und ist eindrucksvoll illustriert. Es kann von Schulen und jedem Interessierten im Netz unter www.bsh-natur.de (Merkblätter) aufgerufen oder als Printausgabe zu 1,-€ angefordert werden.Die Schwanenblume ist eine Sumpf pflanze mit hübschen, unverwechselbaren Blüten. Sie hat verschiedene deutsche Namen wie Wasserliesch oder Wasserviole und darüber hinaus auch zahlreiche regionale Namen wie z.B. Aedebärsblome (niederdeutsch = Storchenblume) und Aurusk, beides im Raum Oldenburg. An der Unterweser heißt sie Kükenblome (niederdeutsch = Kükenblume), an der Unteren Havel Kneppnersblome (ebenfalls Storchenblume). Systematik Die Schwanenblume (Butomus umbellatus) ist die einzige Art der Gattung Butomus und auch die Familie der Butomacea besteht nur aus dieser Art. Die Familie der Butomacea gehört zur Ordnung der Froschlöffelartigen (Alismatales). Beschreibung Sie ist eine Röhrichtpflanze mit schmalen, im unteren Drittel dreieckigen und häufig leicht gedrehten, dunkelgrünen Laubblättern, die bis1,20 m hoch werden können. Stehen die Pflanzen in größeren Wassertiefen, bilden sie auch schmale, flutende Unterwasserblätter aus. Am Ende des langen, über die Laubblätter hinausgehenden Blütenstiels sitzt eine Blütendolde mit bis zu 30 rosa bis dunkelrosa Einzelblüten. Die zwittrige, dreiseitig radiärsymmetrische Blüte besitzt je drei Hüll-und Blütenblätter, in der Mitte sitzen meist sechs, manchmal auch drei flaschenförmige, abgerundet dreieckige, dunkelrote Fruchtknoten mit jeweils einer Narbe. Die Staubblätter sind kreisförmig angeordnet, wobei es einen inneren Kreis mit drei und einen äußeren mit 6 Staubblättern gibt. Die Blütezeit der Schwanenblumen reicht von Juni bis August. Nach der Befruchtung entwickeln sich die Balgfrüchte, wobei mehrere Balgfrüchte in einer Sammelfrucht zusammengefasst sind. Wenn die Früchte reif sind, reißen die Balgfrüchte entlang der Bauchnaht auf und werden, wenn der Wind die elastischen Blütenstiele bewegt, verstreut. Die Früchte sind schwimmfähig und werden so mit dem Wasser weiterverbreitet. Die nach Honig duftenden Blüten geben an den Fruchtblättern kleine Tröpfchen Nektar frei, was verschiedene Insekten anlockt, vor allem Fliegen und Schwebfliegen aber auch Hummeln, Bienen und Schmetterlinge.

Das neue Merkblatt finden Sie hier.


Naturschutzform Deutschland: Staatliche Tierwohlkennzeichnung ist kein Beitrag für Tier-, Natur- und Verbraucherschutz

Bundeslandwirtschaftsministerien Klöckner hat am 6. Februar ihr wichtigstes politische Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt: ein staatliches Tierwohlkennzeichen. Dieses besteht aus drei Stufen: eine Eingangsstufe, bei der die Tiere geringfügig mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben haben müssen, eine Zwischenstufe und eine Premiumstufe mit weiteren Tierschutzanforderungen.

Das Naturschutzforum Deutschland (NaFor) zeigt sich enttäuscht über das neue Kennzeichen. Zwar ist die Grundidee des Bundesministeriums richtig, Verbraucher darüber zu informieren, wie die Tiere in den Ställen gehalten werden. Denn über ein geändertes Verbraucherverhalten kann durchaus Einfluss genommen werden, dass sich die Tierhaltung mittel- bis langfristig verbessert. Allerdings dürften Großbetriebe mit Intensivtierhaltung, bei denen die Tierschutzprobleme häufig am größten sind, kaum Interesse an dem Kennzeichen haben. Denn die Teilnahme der landwirtschaftlichen Betriebe an dem Tierwohllabel ist freiwillig und eine Kennzeichnung von Fleisch, welches nur unter den gesetzlichen Mindestanforderungen hergestellt wurde, ist gar nicht vorgesehen. Das staatliche Tierwohlkennzeichen wird den ohnehin schon jetzt bestehenden Labeldschungel vergrößern, so dass der Verbraucher keine wirkliche Orientierung bei seiner Kaufentscheidung an der Ladentheke findet. Innovation im Tierschutz sieht anders aus.

Die von Ministerin Klöckner vorgestellten freiwillig zu erfüllenden Minimalzugeständnisse für die Tiere als „Tierwohlkennzeichen“ zu bezeichnen, ist daher mehr eine 70 Millionen teure Werbestrategie des Bundes, als eine Abkehr der Intensivtierhaltung: Kastenstände und Vollspaltenböden sind weiterhin erlaubt; Mastschweine mit über 110 kg dürfen selbst in der Premiumstufe auf gerade mal 1,5 qm gehalten werden, davon 0,5 qm Auslauf. Die erste Stufe unterschreitet sogar den gesetzlichen Mindeststandard, denn das EU-weite Verbot des routinemäßigen Kupierens der Schweineschwänze ist kein Ausschlussgrund.

Das staatliche Tierwohlkennzeichen ist weder ein sinnvoller Ansatz, die Tierhaltung in der Landwirtschaft verantwortungsvoll umzugestalten noch die immensen Belastungen durch die landwirtschaftliche Tierproduktion für Natur- und Umwelt abzusenken. In die Zukunft für das Gemeinwohl ausgerichtete Politik sieht anders aus.


Forderungen an ein Aktionsprogramm

Die im Deutschen Naturschutzring (DNR) zusammengeschlossenen Natur-, Umwelt- und Tierschutzverbände haben sich in einer Resolution zum Insektensterben und zu Fördermaßnahmen ausgesprochen („Forderungen an ein Aktionsprogramm Insektenschutz“). Der Link zur ausführlichen Fassung lautet:

https://www.dnr.de/fileadmin/Positionen/2018-04-DNR-Aktionsprogramm-Insektenschutz.pdf

 Daraus das folgende Zitat:

In einigen Regionen Deutschlands ist die Biomasse an Fluginsekten seit dem Jahr 1989 um über 75 Prozent zurückgegangen. Ca. 33.000 heimische Arten sind betroffen. Dieser Verlust hat weitreichende Folgen und bedroht auch andere Tiere wie z.B. Vögel und Fledermäuse, die auf Insekten als Nahrungsquelle angewiesen sind.

Insekten sind für den Fortbestand unserer Ökosysteme ebenso unverzichtbar wie für die Sicherung unserer Ernährung. Zwei Drittel unserer Nahrungspflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen, deren ökonomischer Wert allein in Europa etwa 22 Milliarden Euro beträgt.

Insbesondere Wildinsekten spielen in diesem Kontext eine wichtige Rolle, da ihre Bestäuberleistung und vor allem -qualität nicht durch Honigbienen ersetzt werden kann. Um die Lebensbedingungen heimischer Insekten in den kommenden Jahren nachweislich zu verbessern, sehen die Umwelt-, Natur- und Tierschutzverbände in nachfolgenden Schwerpunktbereichen einen prioritären Handlungsbedarf für die Bundesregierung, den sie zugleich auf Landes- und europäischer Ebene geltend machen muss:

  1. Pestizidanwendungen reduzieren – Zulassungskriterien reformieren
  2. Strukturvielfalt in Agrarlandschaften fördern
  3. Nährstoffeinträge wirksam reduzieren
  4. Qualitätsoffensive für Schutzgebiete initiieren
  5. Insektenvielfalt in Siedlungsräumen fördern
  6. Forschung und Monitoring intensivieren, Bildung verbessern

(…)

Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung auf die Umstellung der Agrarförderung setzt, indem sie prioritär die ökologischen Leistungen landwirtschaftlicher Betriebe und nicht das Eigentum von Wirtschaftsflächen subventioniert.

 


Vom Wegrand in den Garten. Wildblumen – eine Augenweide für uns, eine Nektar- und Pollenquelle für viele Insekten

Die Naturschutzverbände NaFor und BSH veröffentlichten zur Förderung von Fluginsekten ein neues Merkblatt.

Schon die ersten Sätze des neuen achtseitigen Merkblattes des NaturschutzForums Deutschland (NaFor) und der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems(BSH) weisen auf das Grundproblem in der freien Landschaft hin: die Farbe Grün

dominiert zwar, dennoch gibt es ein zu geringes Nahrungsangebot für die Kleintierwelt. Die bei München wohnende Biologin Veronikas Straaß möchte das ändern, indem sie auf den acht Seiten des Merkblatts 79 auch an alle Gartenbesitzer appelliert, Platz für die wildlebenden Kräuter zu reservieren. Wer da gemeint ist, zeigen 31 Fotos von Wildblumen, die vital nebeneinander stehend eine beachtliche Farbenvielfalt zeigen. Die Autorin schreibt dazu wie folgt: Wer am Wochenende „raus ins Grüne“ fährt, bekommt hektarweise genau das zu sehen: grün, nichts als grün. Maisfeld an Getreideacker an Futterwiese, soweit das Auge reicht. Nur hier und da trotzt ein Klatschmohn der Herbiziddusche, ein paar

Stängel Hundskamille ragen verloren zwischen den Getreidehalmen hervor, eine vereinzelte Wiesenflockenblume behauptet sich im Meer aus Löwenzahn und Hahnenfuß. Nur wenige Blütenpflanzen halten Herbizide, Düngerregen und kurzgetaktete Mahd aus. Wer langsam wächst, wer Licht und Wurzelraum zum Leben braucht, hat in der Hochertragslandschaft schlechte Chancen. Aber noch gibt es sie, die wilden, bunten Ecken. Nicht auf den Wiesen, die längst keine Blumenwiesen mehr sind, sondern auf brachliegenden Feldern, in Baulücken, vor allem aber an

Wegrändern und Straßenböschungen. Der größte Vorzug solcher Flächen: Sie werden kaum oder gar nicht gedüngt.

Und so geht es weiter, überzeugend und mitreißend formuliert aus einer anderen Sicht, ohne den belehrenden Zeigefinger. Das Merkblatt kann im Internet unter www.bsh-natur.de (Merkblätter) aufgerufen oder in gedruckter Version im A4-Format direkt bei der BSH, Gartenweg 5 in 26203 Wardenburg erworben werden, auch in Klassensätzen, soweit der Vorrat reicht.

Das neue Merkblatt finden Sie hier.


Moorbrand im Emsland vernichtet wertvolle Biotope – Kompensation erforderlich

Das Naturschutzforum Deutschland (NaFor) fordert, sensible Biotope wie die hier betroffenen ost-emsländischen Moore Tinner Dose und Umgebung aus der militärischen Nutzung der Bundeswehr herauszunehmen und wieder zu vernässen. Um zukünftiger Biotopzerstörung vorzubeugen, muss das Hauptaugenmerk der Prävention von Bränden gelten. Dies erfordert eine Anpassung und ggf. Verschiebung der Aktivitäten ebenso wie eine bessere Ausstattung der Löschkräfte.

Meppen / Emsland. Anfang September lösten  Raketentests auf dem weiträumigen Testgelände der Wehrtechnischen Dienststelle der Bundeswehr im Bereich des naturgeschützten Hochmoores NSG Tinner und Staverner Dose einen großflächigen Moorbrand aus. Nach der extremen sommerlichen Dürre gerieten die teilentwässerten Moorkomplexe leicht in Brand. Da keine einsatzfähige Feuerwehr mit Löschraupen einsatzbereit war, breiteten sich Schwelbrände mit Glutnestern unter der Oberfläche auf mehr als fünf Quadratkilometern aus. Etwa eine halbe Million Tonnen Kohlendioxid dürften freigesetzt worden sein.

Schon 2010 hatte ein Brand etwa sechs Wochen geschwelt, bis er endlich gelöscht werden konnte. In Kenntnis dieser Sachlage, ist es nach Auffassung des NaturschutzForums völlig unverständlich, wie die zuständige Standortverwaltung zwei Wochen nahezu untätig geblieben ist, bevor sie das Ausmaß des Brandes erkannte.

Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) sieht in den brandgefährlichen Schießübungen in den Hochmooren ein grob fahrlässiges Verhalten und kritisiert auch die anschließende Kommunikationspolitik der Bundeswehr – etwa die fehlende Transparenz in Hinblick auf die gemessenen gesundheitsgefährdenden Kohlenmonoxidwerte.

Diese spezifische Kritik darf dabei nicht als pauschaler Vorwurf verstanden werden. Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) weist vielmehr darauf hin, dass der Naturschutz den Truppenübungsplätzen und damit der Nutzung durch die Bundeswehr die Förderung bedrohter Tierarten verdankt, so etwa Wiedehopf, Steinschmätzer und Birkhuhn, Kreuzkröten, Kreuzotter und Schlingnatter. Es gibt viele gute Beispiele für das reibungslose Funktionieren der Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Bundeswehr.

Um auch in Zukunft im Sinne des Naturschutzes zusammenzuarbeiten, fordert das NaturschutzForum (NAFor) von der Bundeswehr:

 

Hochmoore sind heute auch Refugien für Kreuzkröten (hier im Bild während einer Rettungsaktion in Diepholz), Reptilien, bodenbrütende Schnepfen und andere Wirbeltiere. Foto: BSH-Archiv

Hochmoore sind heute auch Refugien für Kreuzkröten (hier im Bild während einer Rettungsaktion in Diepholz), Reptilien, bodenbrütende Schnepfen und andere Wirbeltiere. Foto: BSH-Archiv

 

  1. Brandprävention muss Vorrang haben. Je nach den konkreten Bedingungen vor Ort und Brandwarnstufe sollte die militärische Aktivität ggf. zeitlich verschoben oder geografisch in weniger problematische Gebiete verlagert werden.
  2. Brandgefährdende Waffentechniken dürfen nur in Gegenwart einer einsatzfähigen Mehrfachbesetzung der Feuerwehr getestet werden. Bricht ein Brand aus, ist der Test zu unterbrechen und die Löschung sofort vorzunehmen. Bei Wassermangel sollte – wie in Meppen – das Technische Hilfswerk mit entsprechenden Hochleistungspumpen rechtzeitig hinzugezogen werden und während der Tests und Übungen anwesend sein.
  1. Sensible Biotope wie die hier betroffenen ost-emsländischen Moore Tinner Dose und Umgebung sind aus der militärischen Nutzung der Bundeswehr herauszunehmen und stillzulegen. Neue Abtorfungsgenehmigungen sollten nur kleinräumig in Rücksprache mit dem Naturschutz erteilt werden. Dies ist wegen der Fehlentscheidungen und des angerichteten Schadens eine angemessene Kompensation.
  2. Die komplette Wiedervernässung durch Verschließen von wegebegleitenden Gräben und Drainagen ist vorzunehmen, Hoch- und Niedermoore bleiben sich hier selbst überlassen, das Gebiet sollte nur über Beobachtungstürme von außen einzusehen sein.

 

 

Bodenbrüter wie die Sumpfohreule finden in Hochmooren wie der Tinner Dose Brut- und Nahrungs-möglichkeiten. Gelege und Jungvögel werden auch durch Schwelbrände vernichtet. Foto: Gerhard Großkopf / BSH-Archiv

Bodenbrüter wie die Sumpfohreule finden in Hochmooren wie der Tinner Dose Brut- und Nahrungsmöglichkeiten. Gelege und Jungvögel werden auch durch Schwelbrände vernichtet. Foto: Gerhard Großkopf / BSH-Archiv


Hochmoore, auch teilentwässerte, sind heute reich an wirbellosen Tieren darunter Ameisen und Schmetterlingen wie Bärenspinner, Heidekrautbürstenspinner und (hier abgebildet) Nachtpfauenaugen. Foto: D. Tornow

Hochmoore, auch teilentwässerte, sind heute reich an wirbellosen Tieren darunter Ameisen und Schmetterlingen wie Bärenspinner, Heidekrautbürstenspinner und (hier abgebildet) Nachtpfauenaugen. Foto: D. Tornow

 


Dürre in Deutschland: Naturschutz und Landwirtschaft sollten gemeinsam regionale Konzepte vereinbaren

Das NaturschutzForum Deutschland fordert Umdenken

Wardenburg. Ganz Deutschland ist in diesem Jahr von einer ungewöhnlich langen Hitzeperiode betroffen. Die langanhaltende sommerliche Dürre konnte den Obstbäumen und dem Wein wenig anhaben, sofern eine Mindestwasserversorgung gesichert war. Ganz anders sind stark spezialisierte landwirtschaftliche Betriebe betroffen, denn sowohl in der Tierhaltung, als auch beim Gemüseanbau sind erheblich größere  Wasser- bzw. Futtermengen notwendig. Statt sich kostenintensiv immer mehr zu spezialisieren und in die Menge zu gehen, wäre eine  gemischte Bewirtschaftung aus Sicht des NaturschutzForum Deutschlands (NaFor) viel ratsamer. Durch diese Art der Bewirtschaftung wird das Risiko gestreut. Hitzeperioden können mit anderen Produkten überbrückt werden, so dass die Existenz, auch durch solche Hitzeperioden, nicht bedroht wird.

In der intensiven Landwirtschaft wurde und wird laut NaFor  missachtet, dass die Bodenressourcen endlich sind. Diese Tatsache wurde betriebswirtschaftlich ignoriert mit der Aufstockung der Tierbestände, der Abschaffung der Milchquoten sowie mit der Einbeziehung auch tierischer Abfälle in die Bundesdüngeverordnung, die anders zu behandeln sind als pflanzliche Komposte.

Daraus leitet der NaFor folgende Forderungen ab:

Prämien nur für Ökologische Leistungen  Die Ökologische Leistungen aller Landwirte sollten betriebs- oder landschaftsorientiert individuell mit entsprechenden Prämien honoriert werden. Die allgemeine Flächenprämie sollte nur kleinen Betrieben oder in Schutzgebieten weiterhin zugestanden werden.

Biodiversität fördernde Landwirtschaft: Die jahrhundertealten Wirtschaftsweisen, die wie im Falle von Wallhecken, Feldgehölzen, Mähwiesen und dauerhaften Saumbiotopen zu einem großen Artenreichtum geführt haben bei Wildkräutern, Schmetterlingen und Wirbeltieren, sollten mit größtem Nachdruck gefördert werden. Mischbetriebe sind zu unterstützen, eine Kennzeichnung im Sinne eines Labels für die Förderung geschützter Arten und Landschaften sollte höhere Preise und Subventionen rechtfertigen. Große Betriebe müssten dafür ungleich mehr tun als heute üblich. Ziel sollte die dauerhafte Ruhigstellung von 15 Prozent aller Flächen sein, darunter wichtige Feuchtbrachen als Regenerationszonen für Tier-Arten und Pflanzen-Sorten.

Die momentane Freigabe von Rauhfutter- und Grasflächen in Schutzgebieten sollte ein einmaliger Vorgang bleiben. Tritte von Huftieren und Portionsbeweidungen, wie zum Beispiel mit 200 Rindern und mehr führen zu irreparablen Schäden, unter anderem auf Trockenrasen und in Salzwiesen. Zum Vergleich: noch in den fünfziger Jahren konnte eine Familie von 17 Milchkühen leben.

Nunmehr ist schnellstens für angepasste Tierzahlen bis hin zur Kopfzahlbegrenzung wie in der Schweiz gesorgt werden. Auch sollten die Vorgaben der alten niedersächsischen Gülleverordnung gesetzlich umgesetzt werden.

Das Jahr 2018 hat gezeigt, dass  alle in einem Boot sitzen: der überwiegend  Mais anbauende Biogasbetreiber ebenso wie der Großviehhalter und die Masse der Verbraucher. Der Naturschutz braucht die Landwirtschaft bei Pflegemaßnahmen. Umgekehrt zeigt sich jetzt, dass die geschützten Flächen bei Extremereignissen  aushelfen können. Allerdings muss dies die Ausnahme bleiben.

Wenn alle Akteure mitmachen, die Tier- und Maisbestände deutlich verringert werden und für schlechte Zeiten durch Fonds vorgesorgt wird, werden sich nach Meinung von NaFor die extremen, nicht nachhaltigen Produktionsbedingungen verbessern und die Umweltprobleme bei Überdüngung, Wasserqualität und Flächendruck, der die industrielle Produktion begünstigt, deutlich verringern oder entschärfen. Allerdings wird die nächste Katastrophe nicht lange auf sich warten lassen, wenn das nicht ungleich schneller als bisher voran geht.

Milchkühe JAde_2012

Eine extensive Beweidung außerhalb der Hauptbrutzeit (März bis Juli; z.B. 1 Milchkuh / ha) fördert Schilfstreifen und andere Saumbiotope.

Rinder_Jade_2012

Portionsbeweidungen lassen keinen Platz mehr zum ungestörten Brüten von Kiebitz und anderen Wiesenvögeln. Hier bedarf es besserer Abstimmungen mit dem Naturschutz. Foto: BSH

 

 


Bialowieza-Urwald in Polen nicht weiter durch Abholzungen gefährden

Die polnische Regierung hat 2017 den Einschlag von bis zu 300 alten Bäumen im Bialowieza Nationalpark freigegeben und dies mit der Eindämmung einer existenziellen Borkenkäferplage begründet. Diese Begründung ist aus Sicht des NaturschutzForums Deutschland (NaFor) nicht stichhaltig. Vielmehr gehören Borkenkäfer  zum Wald-Ökosystem und stellen gerade in gut durchmischten Urwaldbeständen kein existentielles Problem dar. Das NaFor appelliert daher an die Entscheidungsträger, keine weiteren Abholzungen im Bialowieza-Urwald zuzulassen – weder in der Kernzone, noch außerhalb. Stattdessen fordert NAFor die polnische Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass der Anteil der geschützten Waldfläche von bisher 15% auf 30% verdoppelt wird.

Urwälder sind als Primärwälder lebende Dokumente, die auch als Vorbild für neu einzurichtende Wälder dienen, sofern  das standortgerechte Artenspektrum bei  aktiven Erweiterungen und Nachpflanzungen berücksichtigt wurde. Zu den ältesten mitteleuropäischen Urwäldern gehört jener von Bialowieza an der Ostgrenze des heutigen Polens. Er wurde sogar während des letzten Krieges trotz der Anwesenheit von Partisanen nicht wesentlich verändert. Während Weißrussland seinen Teil komplett unter Naturschutz gestellt hat, hat die polnische Regierung allein 2017 den Einschlag von bis zu 300 alten Bäumen freigegeben (ca. 188.00 cbm Holz, darunter z.B. 30 m hohe Linden), angeblich zur Eindämmung einer existenziellen Borkenkäferplage. Aber genau die stellt sich bei gut durchmischten Urwaldbeständen nicht ein. Somit scheinen wirtschaftliche Gründe maßgebend zu sein.

Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) appelliert an Verantwortlichen in Polen, auch außerhalb der Kernzone keine weitere Abholzung zuzulassen, sondern stattdessen dafür Sorge zu tragen, dass der nur zu 15 Prozent geschützte Anteil der auf polnischer Seite gelegenen 600 qkm um die Hälfte erweitert wird. Das dient auch maßgeblich dem Schutz weiterer Arten wie etwa Pilzen (3.500 Arten), Pflanzen (5.500 Arten) und 12.000 Tieren – darunter 9 Spechtarten, Blauracke und Schreiadler, aber  besonders auch der dort traditionell lebenden 450 Wisente.

Wirtschaftlich ließe sich die Region  durch einen ökologisch orientierten Tourismus fördern, zumal das  Gebiet als Schaufenster europaweit  für Forstleute, Biologen und Naturschutz eine herausragende Bedeutung hat. Den Einschlag endgültig zu stoppen, wäre auch ein positives politisches Signal, statt den endgültigen Ausgang einer laufenden EU-Klage abzuwarten (EuGH 20. 07.  / Nov.  2017).

 Bialowieza

Hintergrund: Was ist ein Urwald?
Viele heute als Urwälder bezeichnete Wälder Mitteleuropas sind  historisch alte Wälder, deren Fortbestand ehemals durch Fürsten und Klöster garantiert wurde. Dabei  traten regelmäßig Störungen durch jagdliche Aktivitäten (Bannwald) oder Schweinemast (Hutewald) aber auch durch angepasste Durchforstung („Verjüngung“) auf. Diese auf alten Rechten beruhende extensive bis eingestellte Nutzung hat eine nachhaltige Wirkung auf ortsansässige alte Lebensgemeinschaften, ob mit Pilzgemeinschaften, zahlreichen Käfern, wie dem Eremit oder Säugetieren wie dem Garten-(Masken-)schläfer. Typisch ist, dass sich Gehölze aller Art, Altersgruppen und Vitalität in Konkurrenz zu Nachbarn entwickeln können und – auch abgestorben – nicht entnommen werden, sondern als lokale Nährstoff-Grundlage für nachfolgende Generationen dienen.

Kontakt: Prof. Dr. Remmer Akkermann (atlantikvision@gmx.de)

 

Weitere Hinweise zu Wald und Wisent:

 

Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zu Förderung der Forstwirtschaft  (Bundeswaldgesetz). mit Begriffsbestimmungen  1975 / 2017

Schröpfer, R. (2007): Der Wisent (Bison bonasus).- NVN/BSH-Ökoporträt 44, 8 S., siehe auch www.bsh-natur.de

Gerdes-Röben, M. (2007): Der Hasbruch – Ein Kleinod unter den alten Wäldern in Nordeuropa.- bsh-natur.de / Norddeutsche Biopoe 22, 8 Seiten

 


Die Berücksichtigung von Natur- und Umweltschutz in den Wahlprogrammen der sechs größten Bundesparteien – ein kurzer Vergleich des NaturschutzForums Deutschland (NaFor)

Anlässlich der Wahl zum Deutschen Bundestag am 24. September 2017:

Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) hat die Wahlprogramme derjenigen Parteien analysiert, die eine Chance auf den Einzug in den neuen Bundestag haben. Der Vergleich ergab Übereinstimmungen, aber auch deutliche Unterschiede.

Im Folgenden sind die aus Sicht des NaFor besonders charakteristischen Aussagen zu Natur- und Umweltschutz skizziert. Es sei betont, dass es sich um Wahl- und nicht um Regierungsprogramme handelt. Je nach politischer Konstellation wird es im Falle von Koalitionsverhandlungen darum gehen, im Sinne des Umwelt- und Naturschutzes möglichst viele Aspekte vertraglich zu vereinbaren. Dennoch sind Wahlprogramme geeignet, die Prioritäten und Betonungen zu erkennen.

Unabhängig vom Wahlausgang wird das NaFor als Bundesnaturschutz-Dachverband auch in der kommenden Legislaturperiode   (2017 – 2021) die politischen Entscheidungen mit Relevanz für den Bereich Umwelt- und Naturschutz sorgfältig beobachten und kommentieren.

Die unten zusammengestellten Aussagen aus den Wahlprogrammen zu Umwelt- und Naturschutz-relevanten Themen dienen der Information und sollen dazu anregen, bei Bedarf weitere Details zu recherchieren. Eine Wahlempfehlung ist mit dieser Dokumentation nicht verbunden.

 

Zu den naturschutzrelevanten Aussagen in den Programmen:

 

CDU / CSU (Christlich Demokratische Union Deutschlands / Christlich-Soziale Union in Bayern) :“Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“

  • Im Vordergrund des Wahlprogramms stehen auf 75 Seiten Vollbeschäftigung, Landwirtschaft, Energiewende, Familien- und Kinderpolitik sowie Wohlstand und Lebensqualität. Der Umwelt- und Klimaschutz werden auf je einer Seite angesprochen.
    Dazu das NaFor: Symptomatisch ist nach Eingabe des Stichworts `Naturschutz´ die Rückfrage des Computers, ob man „Datenschutz“ meine, da der Begriff „Naturschutz“ nicht zu finden sei.
  • Zitat S. 68:“Langfristig muss ein großer Teil der fossilen Energien wie Kohle, Öl und Gas durch umweltfreundliche Energien ersetzt werden.“
    Dazu das NaFor: Anzumerken ist, dass gerade kleine Unternehmen, die auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien tätig sind, gegenüber den Mitbewerbern von der momentan regierenden großen Koalition erschwerte Produktionsbedingungen auferlegt bekommen haben.
  • Zitat ZEIT online 03. 07. 2017): „Hier können sie einfach nocheinmal ein bisschen träumen“
    Dazu das NaFor: Diese Aussage klingt nach Beliebigkeit und spiegelt vermutlich das relativ geringe Interesse der heutigen Wählermehrheit wider. Konkrete weiterführende Aussagen sucht der Leser vergebens. Stattdessen sind wiederholt allgemein gehaltene Passagen mit viel Eigenlob zu finden.
  • Zitat Wir sind ein Land mit einer unverwechselbaren Identität (mit leistungsfähiger Infrastruktur und intakter Umwelt), das seinen Menschen auch in stürmischer Zeit Heimat und Halt bietet.“ Und weiter: Heute leben wir im schönsten und besten Deutschland, das wir je hatten.“
    Dazu das NaFor: Diese beiden Zitate verdeutlichen die Handschrift von Werbeagenturen
  • Zitat: Weltweit wachsen Bevölkerung und Wohlstand“.
    Dazu das NaFor: Diese Aussage ist zu pauschal. Leider fehlen vergleichbare weiterführende Aussagen, ohne dass man sich gleich im Detail verlieren müsste.

 

SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands):Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit: Zukunft sichern, Europa stärken“

  • Zwischen den Kapiteln „Familie, Pflege, Wirtschaft und Sozialstaat“ und den Handlungsfeldern Sicherheit, Migration und Europa wird unter der Rubrik Es ist Zeit für eine gesunde und saubere Zukunft“ auf Seite 48 (von 88) die Umweltgerechtigkeit angesprochen.
    Dazu das NaFor: Das erinnert an ältere schwedische Slogans vom „Jedermannsrecht auf Natur“ als Grundlage der Erholungswirksamkeit für den Menschen inmitten einer wenig gestörten vielfältigen wildlebenden Flora und Fauna mit „frischer Luft, gesunden Böden und sauberen Gewässern“.
  • Die wichtigsten natürlichen Ressourcen werden angesprochen, darunter  2% der Landesfläche umfassende Wildnisgebiete, umweltgerechte Fangmethoden in der Fischerei und eine konventionelle und ökologische Landwirtschaft, die auf Naturschutz, Klimaschutz und Tierwohl ausgerichtet ist. Die Agrarförderung soll sich nach öffentlichen Leistungen und dem Schutz der Natur richten, nicht allein nach dem Grad der Versorgungssicherheit.
    Dazu das NaFor: Hier wird der Begriff „Natur“, also die gesamte Biosphäre, über den der (auf den Menschen bezogenen) Umwelt gestellt – ganz im Sinne der Prioritäten des Verbandsnaturschutzes, bei denen der Mensch als „Mitwirbeltier“ ohne biologische Sonderstellung gilt. Zwar darf man fragen, was eine „saubere Zukunft“ ist, denn zu sauberen Landschaften zählen eher ausgeräumte monotone Areale wie kurzgehaltener Rasen („Chlorophyllasphalt“), doch der folgende Text klärt diesen Slogan auf.
  • Im Wahlprogramm ist auch von der Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 die Rede. Betont wird überdies, dass die Energiewende vollendet werden muss: Energie muss umweltfreundlich und bezahlbar sein. Gleichzeitig muss die verlässliche Versorgung gesichert bleiben.“Bestehende Stromleitungen sind effektiver auszulasten. Beim Umgang mit Atommüll wird auf die gesamtgesellschaftliche Verantwortung gesetzt.
    Dazu das NaFor: Insgesamt eine vage Aussage angesichts der politischen Mitverantwortung. Die Ausführungen geben  zahlreiche Hinweise auf eine sozialdemokratische Politik, die in der zu Ende gehenden Legislaturperiode teilweise durch Umweltministerin Hendricks realisiert wurde.

 

DIE LINKE: „Sozial. gerecht. Frieden für alle. Die Zukunft, für die wir kämpfen“

  • Das Programm ist mit 135 Seiten umfangreich; es enthält zahlreiche detailliert begründete Forderungen, darunter auch unter Abschnitt XIV („Menschen und Natur vor Profite – für eine soziale, ökologische und demokratische Wirtschaft der Zukunft“) eine 20-seitige Darstellung zum ökologischen  Umbau der Wirtschaft, Verbot von Fracking, Reduktion des Flugverkehrs und Mobilität für alle. Die Vielfalt der Natur und der Schutz der Tiere werden ebenso angesprochen wie Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft. Auf die zügige Umsetzung der nationalen Strategie für biologische Vielfalt wird verwiesen. „Naturschutzflächen gehören in öffentliche Hand und dürfen höhstens an Naturschutz- und Umweltverbände vergeben werden.“
    Dazu das NaFor: Die Öffentliche Zuständigkeit trifft zwar vielerorts bereits zu, doch wird leider häufig versucht, geschützte Areale für wirtschaftliche Interessen zu beanspruchen; insofern ist diese Aussage zu begrüßen. Allerdings bedarf es für Erhalt und Pflege öffentlicher Zuschüsse. Dem „Mut zur Wildnis“ sollte auch vermehrt entsprochen werden (hier wie bei der SPD: 2%), also darf die natürliche Sukzession sich selbst organisieren, es sei denn, es sollen Mähwiesen und andere Offenlandschaften erhalten werden. Zu fragen ist, ob Wildnis- und Urwaldflächen als Revitalisierungszentren nicht einen deutlich höheren Anteil einnehmen sollten.
  • Zuchtsauen sollen nicht in Kastenständen eingepfercht werden.
    Dazu das NaFor: Dies ist positiv, allerdings wäre das mit EU-Recht in Einklang zu bringen.
  • Federrupfung lebender Tiere und Zwangsfütterung (Stopfen) soll ebenso verboten werden wie der Naturpelzhandel.
    Dazu das NaFor: Die Verbote sind nachzuvollziehen, betrifft aber vielfach mehr den Import und Verkauf der Produkte.
  • Das Programm sieht die Erfassung von Entsiegelungspotentialen und das konsequente schnellere Umsetzen der EU-Wasserrahmenrichtlinie vor
    Dazu das NaFor: Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind für den derzeit  stagnierenden Gewässerschutz notwendig.
  • Konkret benannt werden beabsichtigte sofortige Verbote und Datenerhebungen besonders umweltschädlicher Pestizide wie Glyphosat und Neonikotinoide sowie Mikroplastik in Kosmetik, Reinigungs- und Pflegeprodukten. Für die Fischerei werden alternative Fangmethoden vorgeschlagen.  Für Energiesparlampen, Einwegbecher, Mobiltelefone und Fernseher soll ein Pfandsystem eingeführt werden, um die Sammelquoten zu erhöhen. Das Verursacherprinzip soll gesetzlich verankert werden. Dazu NaFor: Alles sinnvolle Maßnahmen, bei deren Realisierung mit Widerstand zu rechnen sein wird.

 

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN: „Zukunft wird aus Mut gemacht“

  • 24 Ziele aus dem Wahlprogramm geben Einblick in die Zielsetzung der GRÜNEN. Wie zu erwarten, stehen der Erhalt der Natur an erster Stelle.
    Dazu das NaFor:Das wird aus Verbandssicht sehr begrüßt, denn damit erhält der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen den für die Existenz des Menschen notwendigen hohen Stellenwert. Die meisten Ziele im grünen Wahlprogramm kommen damit den satzungsmäßigen Zielen der Verbände nahe. Allerdings stellt sich hier –  wie eingangs erwähnt – die Frage, wieviel davon in einer Koalition umgesetzt werden kann. Gerade die eindeutigen Forderungen der Umstellung einer nicht nachhaltigen Wirtschaft erfordern viel Verhandlungsgeschick in der sukzessiven Umsetzung. Da sind Abstriche unvermeidlich, sollte mitregiert werden. Aussagen wie „Wir retten das Klima“ lassen den Konjunktiv vermissen, aber das ist einem gut zu lesenden Programmtext geschuldet.
  • Zitat (Seite 164): „Wir machen das Internet frei und sicher“.
    Dazu das NaFor: Diese Feststellung ist eine Illusion. Man hat bislang den Eindruck, dass gerade auf dem IT-Sektor sicher ist, dass nichts sicher ist.
  • Notwendigkeit ökonomischer Veränderungen (Seite 40 ff)
    Dazu das NaFor: Die Forderungen im Hinblick auf die notwendigen ökonomischen Veränderungen sind realistisch, sollte das ein breiter gesellschaftlicher Konsens unterstützen. Das betrifft den Ausstieg aus der industriellen Landwirtschaft (incl. Massentierhaltung) in den nächsten 20 Jahren und die Kennzeichnung der Art der Tierhaltung auf allen Fleischprodukten ebenso wie den kompletten Umstieg auf grüne Energien  (Sonne, Wind, Wasser, Bioenergie, Erdwärme), ab 2030 eine allgemeine E-Mobilität und abgasfreie Neuwagen.

 

FDP (Freie Demokraten): „Schauen wir nicht länger zu.“

  • Die Gliederung der 86 seitigen Programms  umfasst mehr als 6 Seiten, die eine fast schon stichwortartige Themenübersicht gibt. Auch weist ein Stunden-Countdown bis zur Schließung der Wahllokale am 24. September auf die Bedeutung der Wahl hin. Der farbenfreudig gestaltete Titel reflektiert moderne Themen wie eine Digitalisierungsoffensive in Bildung (1.000 Euro-Technik- Investition  für Schüler, Weltbeste Bildung auch für Schüler mit Förderungsbedarf), bessere Geschäftsmodelle  und Verkehrswesen bei optimierter Infrastruktur. Die anderen Schwerpunkte betreffen die allgemein optimierte Digitalisierung („Open-Data und Open-Government-Strategie“, Datenschutz), Landwirtschaft (die sich auf der Grundlage der Selbstbestimmung rechnet) und mehr Mobilität. Grundsätzlich wird festgestellt: „Wir glauben an die Potenziale und die Energie jedes Einzelnen und an die Kraft der Freiheit…Stärken wir den Glauben der Menschen an sich selbst!“. Der zugehörige FDP-Terminus lautet: „German Mut“.
    Dazu das NaFor: Gerade die Naturschutzverbände wissen aus täglichen Erfahrungen, dass viele Mitmenschen zurückbleiben würden, wenn man nicht im Sinne des Gemeinwohls unterschätzen und fördern würde, weil sie es allein nicht schaffen. Aber auch sie gehören in das gemeinsam Boot. Wer Aussagen zum Natur- und Umweltschutz sucht, findet sie auf gerade mal 2 Seiten. Dies verwundert angesichts der Tatsache, dass sich gerade auf kommunaler Ebene zahlreiche FDP-Mitglieder für die Natur und Landschaft engagieren. Die magere bundesprogrammatische Berücksichtigung dieses für die Existenz und das Alltagsleben der Bevölkerung bedeutsamen politischen Feldes, ist bedauerlich. Das begründet sich vielleicht in der weniger positiven Einstellung der anvisierten Wahlklientel (z.B. Handwerk, Landwirtschaft) gegenüber dem Naturschutz, da Umweltauflagen als Hemmnis in der betrieblichen Entwicklung gesehen werden, ohne die Notwendigkeit der Schutzmaßnahmen gegenüber natürlichen Ressourcen zu akzeptieren, es sei denn, sie geschehen freiwillig. Die Erfahrungen vor Ort sprechen aber dagegen.

 

AfD (Alternative für Deutschland): Programm für Deutschland“

  • Die Untertitel des 74-seitigen Bundeswahlprogramms der AfD zeigen die Schwerpunkte auf. Zu Anfang werden Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild  und die Eindämmung des Lobbyismus gefordert, Aspekte, denen gelegentlich  auch bei der  Naturschutz-Arbeit begegnet wird. Die Familienförderung nimmt mit 5 Seiten einen hohen Stellenwert ein.
    Dazu das NaFor: Volksabstimmungen können für die Umsetzung von Naturschutz-Interessen vorteilhaft sein. Je mehr sie aber lokale Interessen betreffen, desto eher gibt es auch Ablehnungen. Da helfen  dann die europaweit geltenden Vorgaben der EU-Richtlinien. Dass der Bevölkerungs-Rückgang hinsichtlich der ökologischen Fußabdrücke und Schonung von Ressourcen positiv ist, stellen gerade der CLUB OF ROME und die Universität Lund (PM v. 15. 07. 2017) heraus – ganz im Gegensatz zur AfD..
  • Das Kapitel „Schluss mit der Technologiefeindlichkeit: Energie und Klima“ beginnt mit dem Satz, dass Kohlendioxid kein Schadstoff, sondern eine unverzichtbare Voraussetzung für das Leben ist.
    Dazu das NaFor: Diese Ansicht ist nicht falsch, aber irreführend, da von der Konzentration abhängig.
  • Die Dekarbonisierung soll laut AfD beendet werden, das Pariser Klimaabkommen ist zu kündigen, Ökostrom wird nicht mehr subventioniert. „Die bestehenden Kernkraftwerke wollen wir deshalb nicht vor Ende ihrer Nutzungsdauer außer Betrieb nehmen. Die verwertbaren Kernkraftwerk-Reststoffe müssen für das Recycling rückholbar gelagert werden“.
    Dazu das NaFor:
    Es wird heute bereits beim KKW-Rückbau recycelt, aber das Atommüll-Problem ist ungelöst und wird der Nachwelt die nächsten 200.000 Jahre beschäftigen. Welch eine unverantwortliche Technik verweist dann auf die kurze Nutzungsphase in diesen Jahrzehnten und verpflichtet Hunderte von Generationen nach unserer Zeit, auf Reste aus der historischen Atomstrom-Produktion aufzupassen. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung bezüglich der Gefährlichkeit und Kosten ununterbrochen die Unwahrheit gesagt worden ist. Auch der KKW-Rückbau wird Milliarden kosten, Geld, das im Strompreis nicht enthalten ist.
  • Was die Umweltzonen anbetrifft, sollen sie abgeschafft werden. Dieses Schicksal ist auch der Förderung der Windenergieanlagen zugedacht (energiepolitischer Irrweg, Ausbau stoppen), Betont wird die „verheerende“ Wirkung von Windkraftanlagen auf geschützte Vögel und Fledermäuse sowie gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen. Ganz am Schluss geben 2 Seiten Hinweise zum Umwelt-, Natur- und Tier- und Verbraucherschutz.
    Dazu das NaFor: Der Mix regenerativer Energien incl. Windkraft ist unverzichtbar. Die Schäden werden gegenüber den abgaseinsparenden Effekten unverhältnismäßig groß ins Bild gesetzt.
  • Die AfD nimmt explizit Bezug auf die kleinteilige Wasserversorgung durch Kommunen und Zweckverbände.
    Dazu das NaFor: Dies ist sinnvoll
  • Die AfD versteht Umweltpolitik als „Querschnittsaufgabe“
    Dazu das NaFor: Wir lehnen es ab, wenn die Umweltpolitik als „Querschnittsaufgabe“ in vielen Ressorts lediglich im Mitnahmeeffekt berücksichtigt werden soll.
  • Die AfD fordert ein Mehr an Gewerbeaufsicht, Lebensmittelkontrolle, würdevolle Behandlung von Tieren, Ablehnung des Schächtens (Ausnahmegenehmigung für Schlachten ohne Betäubung) und die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft.    Dazu das NaFor: Diese Forderungen erscheinen sinnvoll