Waldbericht 2021: Massive Schäden in Deutschlands Wäldern

VBIO – Aktuelles aus den Biowissenschaften  8 / 2021 (Auszug)

Waldbericht 2021: Massive Schäden in Deutschlands Wäldern: VBIO

Barneführer Holz, Foto: BSHnatur

Die Folgen des Klimawandels haben in den vergangenen Jahren deutliche Spuren in Deutschlands Wäldern hinterlassen. Die starken Stürme in den Jahren 2017 und 2018, die extreme Dürre und Hitzewellen in den Jahren 2018 bis 2020 sowie die massenhafte Vermehrung von Borkenkäfern haben zu massiven Waldschäden geführt, heißt es in einer Unterrichtung der Bundesregierung (19/31700) zum Waldbericht 2021.

Demnach weisen nahezu alle Hauptbaumarten sogenannte Vitalitätseinbußen und Schadsymptome auf. Vor allem Fichten auf schlecht mit Wasser versorgten Standorten sterben großflächig ab. Auf Grundlage einer Länderabfrage mit Stand 31. Dezember 2020 sei von einer geschädigten Waldfläche von insgesamt 277.000 Hektar auszugehen, die wieder bewaldet werden müsse.

Durch die zum Teil erheblichen Schäden seien in einigen Regionen die Waldbestände und damit wichtige Waldfunktionen, wie der Erhalt von Wasser- und Bodenschutz, aber auch die Klimaschutzwirkung und die Kohlenstoff-Senkenfunktion erheblich beeinträchtigt, heißt es weiter.

Der Bericht bietet auf 57 Seiten einen Überblick über die Situation des Waldes in Deutschland, thematisiert die Waldschäden der Jahre 2017 bis 2021, führt die national getroffenen Maßnahmen zur Waldpolitik auf und stellt darüber hinaus die internationale und europäische Waldpolitik Deutschlands dar.


Nachruf auf Prinz Philip

Am 9. April 2021 ist Prinz Philip, Herzog von Edinburgh, gestorben.

Das NaturschutzForum Deutschland (NaFor) dankt für das jahrzehntelange erfolgreiche und überzeugende Wirken von Prinz Philip zugunsten des internationalen Natur- und Artenschutzes.

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Schnüffeln für die Wissenschaft

VBIO – Aktuelles aus den Biowissenschaften  9 / 2021 (Auszug)

https://www.vbio.de/aktuelles/details_news

Annegret Grimm-Seyfarth mit Border Collie „Zammy“ auf der Suche nach bedrohten Kammmolchen. Foto: Daniel Peter

Die Listen der bedrohten Tiere und Pflanzen der Erde werden immer länger. Doch um diesen Trend stoppen zu können, fehlt es immer wieder an wichtigen Informationen. So lässt sich häufig nur schwer herausfinden, wo genau die einzelnen Arten noch vorkommen und wie sich ihre Bestände entwickeln. Speziell ausgebildete Artenspürhunde können in solchen Fällen eine wertvolle Hilfe sein, zeigt eine neue Übersichtsstudie. Mithilfe der vierbeinigen Helfer lassen sich die gesuchten Arten meist schneller und effektiver finden als mit anderen Methoden, berichten Dr. Annegret Grimm-Seyfarth vom UFZ und ihre Kolleginnen im Fachjournal Methods in Ecology and Evolution.

Wie viele Fischotter gibt es noch in Deutschland? Welche Lebensräume nutzen die bedrohten Kammmolche an Land? Und haben Großstadt-Igel mit anderen Problemen zu kämpfen als ihre Artgenossen in der Provinz? Wer die betreffenden Arten effektiv schützen will, sollte solche Fragen beantworten können. Doch das ist keineswegs einfach. Denn viele Tiere führen ein heimliches Leben im Verborgenen, selbst ihre Hinterlassenschaften sind mitunter schwer zu entdecken. Oft weiß deshalb niemand so genau, ob und in welchem Tempo ihre Bestände schrumpfen oder wo die letzten Refugien der Überlebenden sind. „Wir müssen dringend mehr über diese Arten wissen“, sagt Dr. Annegret Grimm-Seyfarth vom UFZ. „Aber dazu müssen wir sie erst einmal finden.“

Wenn es darum geht, offene Landschaften zu kartieren oder größere Tiere nachzuweisen, kann die Fernerkundung mit Luft- und Satellitenbildern weiterhelfen. Bei dicht bewachsenen Gebieten und kleineren, versteckt lebenden Arten dagegen machen sich Fachleute traditionell selbst auf die Suche oder arbeiten mit Kameras, Haarfallen und ähnlichen Tricks. In letzter Zeit stoßen aber auch weitere Techniken wie die Analyse von winzigen DNA-Spuren weltweit auf immer mehr Interesse. Und gerade dabei kann der Einsatz von speziell trainierten Spürhunden sehr nützlich sein. …(Weiter siehe obiger Link)


BMU und BfN fördern Insektenschutz im Ackerbau mit über 3 Millionen Euro

Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Bundesamt für Naturschutz

Neues Projekt „FINKA“ erprobt mit Betriebspartnerschaften innovative Wege

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Mais verdrängt vielerorts das für den Artenschutz wichtige Grünland. Foto: BSH-natur

Die Begleitflora von Mais vermag sich nicht durchzusetzen. Die hochwüchsige Biomasse verhindert die Entwicklung von Schlaf- und Nistgelegenheiten für Bodenbrüter auf dem kahlen Boden. Foto: BSH-natur

 

Im Projekt FINKA haben sich die Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH (KÖN), das Landvolk Niedersachsen – Landesbauernverband e.V. (LV), das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e.V. (NAN), die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) und die Georg-August-Universität Göttingen (GAUG) zusammengeschlossen, um Lösungsstrategien zur Förderung der Insektenvielfalt und der Ackerbegleitflora zu erarbeiten und zugleich ein breiteres Bewusstsein hierfür innerhalb der Landwirtschaft zu fördern.

Die Vielfalt der Insekten schwindet, ihre Häufigkeit nimmt weiter ab. Die Gründe hierfür sind vielfältig ‒ einer davon ist der unverändert hohe Einsatz von Insektiziden und Herbiziden in der Landwirtschaft. Das Bundesamt für Naturschutz fördert daher das neue Projekt „FINKA ‒ Förderung von Insekten im Ackerbau“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt mit rund 3,15 Millionen Euro aus Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Modellhaft sollen im Vorhaben mit Partnerschaften zwischen konventionell und ökologisch wirtschaftenden Ackerbaubetrieben neue, insektenfreundlichere Bewirtschaftungsmethoden landwirtschaftlicher Flächen erprobt werden.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Pflanzenschutzmittel wirken schädlich auf Insekten, indem sie Nahrungsnetze und Lebensräume beeinträchtigen. Effektiver Insektenschutz erfordert deshalb auch einen grundsätzlich restriktiveren Umgang mit Pestiziden, nicht nur mit Glyphosat. Mit dem neuen Projekt FINKA fördern wir nun ein Vorhaben, das insektenfreundlichere Lösungen auch für die konventionelle Landwirtschaft entwickelt und erprobt.“

BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel: „Viele landwirtschaftliche Betriebe halten den Einsatz von Insektiziden und Herbiziden für unabdingbar. Mit Betriebspartnerschaften geht FINKA jetzt neue Wege: Zusammen mit Tandems von ökologisch wirtschaftenden und konventionell arbeitenden Partnerbetrieben sollen Lösungsansätze entwickelt werden, die sich auch im konventionellen Landbau einfach und betriebswirtschaftlich sinnvoll umsetzen lassen.“

Im Rahmen des Modellprojektes werden 30 Betriebspartnerschaften zwischen konventionell und ökologisch wirtschaftenden Ackerbaubetrieben in verschiedenen Boden-Klima-Räumen Niedersachsens geschlossen. Über einen Zeitraum von fünf Vegetationsperioden verzichten die konventionellen Betriebe auf jeweils einer Fläche auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Insektiziden und Herbiziden. Gemeinsam mit landwirtschaftlichen Beraterinnen und Beratern sowie den ökologisch wirtschaftenden Partnerbetrieben werden alternative Anbaumethoden erarbeitet, erprobt und ausgewertet. Darüber hinaus finden auf den Maßnahmenflächen sowie auf jeweils einer konventionellen und einer ökologisch bewirtschafteten Vergleichsfläche wissenschaftliche Erhebungen zur Ackerbegleitflora und Insektenfauna statt. Ziel dieser Erhebungen ist es, die jeweilige Vielfalt der Flächen anhand ökologischer Messgrößen wie Artenvielfalt und Biomasse zu dokumentieren.

Da die Umsetzung des herbizid- und insektizidfreien Ackerbaus in der Praxis auf den Maßnahmenflächen der Betriebe erfolgt, können die Landwirtinnen und Landwirte ihre Erfahrungen unmittelbar an ihre Berufskollegen weitergeben. Die Ergebnisse sollen nicht nur die Landwirtinnen und Landwirten ermutigen, sich verstärkt mit dem Thema „Biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft“ auseinanderzusetzen, sondern auch dazu beitragen, dass mehr Betriebe den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren und durch praktikable, insektenfreundliche Anbaumethoden ersetzen. Zusätzlich sollen öffentliche Feldtage und weitere regionale und überregionale Veranstaltungen die Öffentlichkeit über die gefährdete biologische Vielfalt einerseits und insektenfreundliche Agrarmaßnahmen andererseits informieren und so das Bewusstsein für eine insektenverträgliche Landwirtschaft fördern.

Kontaktdaten
sowie Projekt-Steckbrief unter: www.biologischevielfalt.bfn.de/bundesprogramm/projekte/projektbeschreibungen/finka.html

 


Korallenriffe funktionsfähig erhalten

Aus: www.vbio.de

https://www.vbio.de/aktuelles/studie-bewertet-erfolgsaussichten-von-schutzmassnahmen-fuer-korallenriffe

Tropische Korallenriffe bieten rund 500 Millionen Menschen einen Lebensunterhalt. Insbesondere an dicht besiedelten Küsten sind sie jedoch einer Vielzahl von Problemen ausgesetzt, die der Mensch verursacht. Überfischung, Verschmutzung durch Abfall oder Abwässer und Zerstörung durch Küstenbebauung sind nur einige.

Weltweit gibt es mittlerweile über 2800 Schutzgebiete, die die Nutzung der Riffressourcen einschränken oder ganz verbieten. Die Motivation für die Einrichtung von Schutzmaßnahmen kann sich dabei unterscheiden – vielerorts geht es darum, die Biodiversität im Riff zu erhalten oder die Fischerei zu unterstützen, teilweise jedoch auch um den Schutz bestimmter Ökosystemfunktionen.

Riffschutzgebiete funktionsfähig zu halten ist mit großem finanziellen und personellen Aufwand verbunden und abhängig von der Akzeptanz der Küstenbewohner, denen die Riffe ein Einkommen bieten. Es muss daher wohl überlegt sein, ob sich unter den jeweiligen Bedingungen, die an einem bestimmten Standort vorherrschen, ein solcher Aufwand lohnt und zum Erfolg führen würde.

Über ein Jahrzehnt trugen die Forscher unter der Leitung von Joshua Cinner von der James Cook University in Australien an mehr als 1800 tropischen Riffstandorten weltweit eine umfangreiche Datensammlung zu Lage, Umgebung und ökologischem Zustand der Riffe zusammen. Dabei richteten sie ihr Augenmerk auf drei repräsentative Managementziele: die Biomasse großer Fische, die Anzahl und Arten von Papageifischen und die Vielfalt an spezifischen Eigenschaften der Rifffische, wie Ernährung, Aktionsradius und Schwimmverhalten.

„Die Biomasse der größeren Fische ist ein Hinweis auf den Wert eines Riffes für die Ernährung der Bevölkerung“, erklärt Sebastian Ferse. „Papageifische erfüllen eine wichtige Funktion für die Vermehrung der Korallen. Sie weiden Algen ab und reinigen dadurch die Flächen, auf denen sich Korallenlarven ansiedeln. Die Merkmalsvielfalt wiederum ist eine Dimension der Biodiversität und ein Maß für die Widerstandsfähigkeit einer Tiergemeinschaft gegenüber schädigenden Faktoren.“

Weiter siehe obiger Link des VBIO.


Trockene Moore sind Brandbeschleuniger in der borealen Vegetationszone

Aus: VBIO – Aktuelles aus den Biowissenschaften vom 20.05.2020

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Moderate Wiedervernässungen unter Aussparung wertvoller alter Abbruchkanten kennzeichnen die Wiederbelebung trockengefallener Moore. Diepholzer Moor (Foto: BSHnatur)

Messdaten aus borealen Wäldern und Mooren der ganzen Welt hat jetzt ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der kanadischen McMaster Universität (Hamilton) und Beteiligung der Universität Greifswald zusammengetragen, um mehr über den Wasserkreislauf in Ökosystemen der borealen Vegetationszone zu erfahren. Die Studie gibt Aufschluss über den Einfluss des Klimawandels auf boreale Wälder und Moore. Pflanzen aus Wäldern reagieren anders als jene aus Torfmooren auf ansteigende Temperaturen. Letztere haben kaum Schutzmechanismen gegen die Austrocknung. Ausgetrocknete Moore erhöhen die Waldbrandgefahr. Waldbrände wiederum heizen die globale Erwärmung an.

Die Ökosysteme der borealen Vegetationszone auf der nördlichen Erdhalbkugel zwischen dem 50. und 70. Breitenkreis sind geprägt von Wäldern, Seen und Mooren. Die Vegetation der borealen Zone ist größtenteils von ausgedehnten Waldgebieten geprägt. Torfmoore sind dagegen flächenmäßig weniger bedeutsam, haben jedoch eine wichtige Schutzfunktion für das gesamte Ökosystem der borealen Zone und das globale Klima. Intakte Moore sind ein wichtiger Kohlenstoffspeicher und beeinflussen so die Klimaentwicklung entscheidend. Hinzu kommt, dass intakte Torfmoore große Mengen an Wasser speichern. Sie dienen als natürliche Feuerschneisen zwischen einzelnen Waldabschnitten. Die Studie ermöglicht neue Einblicke in die Folgen der Erderwärmung für Wald und Moor in der borealen Zone und deren Zusammenspiel angesichts der veränderten Umweltbedingungen.

Prof. Martin Wilmking von der Universität Greifswald und dem Greifswald Moorzentrum erklärt: „Bisher war es nicht möglich, einen so umfassenden Blick auf die Dynamik des Wasserkreislaufs zu werfen. Die aktuelle Studie, an der 59 Forschende aus Kanada, Russland, den USA, Deutschland und Skandinavien gearbeitet haben, ermöglicht ein tieferes Verständnis der Ökosystemprozesse der borealen Zone. Wir wissen nun, dass Wälder und Moorgebiete den Wasserverlust an die Atmosphäre im sich erwärmenden Klima sehr unterschiedlich regulieren. Es zeigt sich, wie diese Unterschiede das Tempo der Erderwärmung beschleunigen.“

Weiteres siehe: www.vbio.de/aktuelles/nachhaltigkeitklima/trockene-moore-sind-brandbeschleuniger-in-der-borealen-vegetationszone/

 


Bericht zur Lage der Natur zeigt gemischtes Bild vom Zustand von Arten und Lebensräumen in Deutschland

Bundesumweltministerin Schulze: „Auf vielen Wiesen und Weiden wird so viel gedüngt und so oft gemäht, dass sie für die Natur immer wertloser werden. Hier ist eine Trendwende dringend nötig.“

Presseinformation des BMU vom 19. Mai. 2020

„Der Natur in Deutschland geht es insgesamt nicht gut genug. Neben positiven Entwicklungen in Wäldern und ersten Lichtblicken in Dörfern und Städten ist der Zustand der Natur vor allem in der Agrarlandschaft überwiegend schlecht. Das geht aus dem „Bericht zur Lage der Natur“ hervor, den Bundesumweltministerin Svenja Schulze und die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, heute in Berlin vorstellten. Der Bericht basiert auf Daten, die nur alle sechs Jahre erhoben und an die EU-Kommission berichtet werden: insgesamt rund 14.000 Stichproben von den Sandbänken in der Nordsee bis zu den Lärchenwäldern in den Alpen sowie vielen weiteren Beobachtungen aus dem bundesweiten Vogelmonitoring.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Die Generalinventur unserer biologischen Vielfalt in Deutschland zeigt ein sehr gemischtes Bild. In manchen Teilen des Landes erholt sich die Natur: Vielen Buchenwäldern geht es gut, in den Wäldern und Siedlungen gibt es wieder mehr Vögel. Auch die Renaturierung von Flüssen und Auen trägt zur Erholung der Natur bei. Vor allem in der Agrarlandschaft geht es der Natur dagegen besorgniserregend schlecht. Das gilt besonders für Schmetterlinge und andere Insektenarten, die auf blütenreiche Wiesen und Weiden angewiesen sind. Denn diese wichtigen Ökosysteme gibt es in der intensiven Landwirtschaft immer seltener. Starke Verluste sehen wir auch bei vielen Vogelarten der Agrarlandschaft wie Kiebitz und Rebhuhn.“

BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel: „Artenreiche Wiesen und Weiden verzeichnen sowohl in der Fläche als auch in ihrer Artenvielfalt starke Rückgänge. Dieser Trend setzt sich seit dem ersten nationalen FFH-Bericht im Jahr 2001 ungebrochen fort. Mehr als die Hälfte aller FFH-Grünland-Lebensraumtypen befindet sich in Deutschland in einem ungünstig-schlechten Erhaltungszustand. Der Schutz des Grünlands muss deshalb nicht nur auf europäischer, sondern auch auf nationaler Ebene verbessert werden. Wenn wir Arten und Lebensräume erfolgreich schützen und erhalten, kann die Natur ein Teil von Lösungen sein. Auch das verdeutlicht unser Bericht: Renaturierte Feuchtgebiete, intakte Moore und nachhaltig genutzte Wälder können entscheidend zu Klimaschutz und Klimaanpassung beitragen.

Im Einzelnen sind 25 Prozent der untersuchten Arten in einem günstigen Erhaltungszustand, darunter der Seehund und die Kegelrobbe in der Nordsee oder der Steinbock in den Alpen. 30 Prozent sind in einem unzureichenden Zustand. 33 Prozent sind in einem schlechten Zustand, das betrifft vor allem Schmetterlinge, Käfer und Libellen. Bei den Lebensräumen sieht es ähnlich aus. Hier sind 30 Prozent in einem günstigen Zustand, zum Beispiel verschiedene Wald-Lebensräume, alpine Heiden und Gebüsche sowie Fels-Lebensräume. 32 Prozent weisen einen unzureichenden Zustand auf, während sich 37 Prozent der untersuchten Lebensräume in einem schlechten Zustand befinden, vor allem die landwirtschaftlich genutzten Grünland-Flächen, aber auch Seen und Moore.

Erfolge gibt es vor allem dort, wo aktiv in Naturschutz investiert wird, wie zum Beispiel bei der Renaturierung von Flüssen. Das zahlt sich nicht nur für Tier- und Pflanzenarten, sondern auch für die Wasserqualität und den Hochwasserschutz aus. Hingegen zeigt sich, dass sich dort, wo Lebensräume intensiv bewirtschaftet werden, der Zustand der Arten weiter verschlechtert hat, wie bei vielen Insektenarten und besonders dramatisch bei Vogelarten in der Agrarlandschaft.

Schulze: „Auf vielen Wiesen und Weiden wird so viel gedüngt und so oft gemäht, dass sie für die Natur immer wertloser werden. Hier ist eine Trendwende dringend nötig. Erste Schritte haben wir bereits getan mit dem neuen Düngerecht und dem Aktionsprogramm Insektenschutz.“ Schulze kündigte an, als nächsten Schritt ein Insektenschutzgesetz auf den Weg zu bringen, das unter anderem artenreiches Grünland und Streuobstwiesen besser schützt. Der größte Hebel für ein Umsteuern sei aber die EU-Agrarförderung, die gerade neu verhandelt wird. „Das Geld sollte so eingesetzt werden, dass die Landwirtinnen und Landwirte für das honoriert werden, was sie für die Gesellschaft leisten – und dazu gehört ganz zentral der Naturschutz“, so Schulze.

Im Zuge der Corona-Pandemie ist auch die Bedeutung intakter Ökosysteme weltweit stärker ins Blickfeld geraten. Denn wenn Menschen in bislang weitgehend natürliche Ökosysteme vordringen, steigt das Risiko, dass neuartige Viren von der Tierwelt auf die Menschen übergehen. „Aber nicht nur in der Pandemie-Prävention, auch im Kampf gegen den Klimawandel wirkt der Naturschutz wie ein Impfstoff. Eine Natur mit intakten Mooren, Auen und naturnahen Wäldern ist besser gegen Dürren gewappnet“, sagte Schulze. „Eine intakte Natur ist Voraussetzung für eine krisenfeste Gesellschaft. Darum bin ich zuversichtlich, dass Naturschutz jetzt zu einem unverzichtbaren Teil unseres Weges aus der Krise wird.“

Hintergrundinformationen:

Alle sechs Jahre nehmen Bund und Länder eine Bewertung des Zustands der Natur in Deutschland vor. Dazu werden umfassende Berichte erstellt, die durch die Bundesregierung an die EU-Kommission zur Erfüllung der europäischen Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie und der EU-Vogelschutz-Richtlinie übermittelt werden. Grundlage für die Analyse ist ein Datenschatz, den ehrenamtliche Naturschützer*innen und Behörden bundesweit zusammengetragen: In rund 14.000 Stichproben haben sie im Zeitraum von 2013 bis 2018 den Zustand von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen erfasst, die über die europäischen FFH- und Vogelschutzrichtlinien geschützt sind. Für den Vogelschutzbericht liefern die Programme des bundesweiten Vogelmonitorings eine weitere wichtige Datenbasis. Aus den Daten lassen sich auch Rückschlüsse auf die Lage der Natur in Deutschland insgesamt ziehen.

Das ausführliche Informationspapier „Die Lage der Natur in Deutschland“ sowie die Ergebnisse von FFH- und Vogelschutzbericht finden Sie unter www.bmu.de/DL2475.

Steckbriefe ausgewählter Arten und Lebensräume finden Sie unter www.bmu.de/WS5472


Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa

Pressemitteilung des Sachverständigenrats für Umweltfragen vom 14. Mai 2020:

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) veröffentlicht heute sein Umweltgutachten „Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa“ und erörtert es mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze in einer Videokonferenz. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie verlieren Klimawandel und Biodiversitätsverlust aktuell an Aufmerksamkeit. Die langfristige Bedrohung der ökologischen Lebensgrundlagen bleibt aber bestehen. Die aktuelle Krise zeigt zudem eine ungeahnte Verletzlichkeit unseres Lebens und Wirtschaftens auf. So unterschiedlich die beiden Krisen sind, gemeinsam ist ihnen, dass sie nur durch gemeinsames und entschlossenes Handeln überwunden werden können. Die jetzt notwendige Wiederbelebung der Wirtschaft sollte genutzt werden, neue Wege zu gehen. „Großangelegte Konjunkturprogramme müssen ökologisch zukunftsfähig sein“, sagt die SRU-Vorsitzende Prof. Claudia Hornberg. „Es sollte in Lösungen investiert werden, die die umweltverträgliche Entwicklung der Wirtschaft fördern.“ Die Bundesregierung sollte sich dafür stark machen, dass auch die EU-Konjunkturprogramme darauf ausgerichtet sind, den European Green Deal zu verwirklichen.

Für Deutschland wie für die EU gilt: Die Politik muss unter Beweis stellen, dass sie angesichts der enormen ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen handlungsfähig ist. „Die EU steht mit Blick auf die planetaren Grenzen gerade im Klimaschutz vor großen Herausforderungen. Daher muss die Umweltpolitik im Rahmen des European Green Deal sichtbarer Bestandteil der europäischen Wirtschafts-, Verkehrs- und Agrarpolitik sein. Zugleich müssen für Umsetzung und Monitoring verbindliche Vorgaben gemacht werden“, hebt Prof. Christian Calliess hervor. Auch bislang nicht ökologisch ausgerichtete Wirtschaftsbereiche wie die Landwirtschaft und der Verkehr müssen jetzt Umwelt- und Klimaschutz in den Vordergrund stellen. Der SRU schlägt deshalb in verschiedenen Schlüsselbereichen Veränderungen vor.

Um den Klimawandel zu bremsen, ist es unerlässlich, die Gesamtmenge an CO2 zu begrenzen, die noch ausgestoßen wird. Diese entscheidet maßgeblich über das Ausmaß der Erwärmung. Der SRU empfiehlt der Bundesregierung deshalb, ihre Klimapolitik an einem langfristigen CO2-Budget auszurichten, das im Einklang mit den Temperaturzielen von Paris steht. Prof. Wolfgang Lucht erläutert: „Ein ausreichendes, faires und angemessenes deutsches CO2-Budget beträgt maximal 6,7 Milliarden Tonnen CO2 ab 2020. Bei linearer Reduktion muss Deutschland schon 2038 CO2-neutral sein, nicht erst 2050.“ Entschlossene Klimaschutzmaßnahmen sind daher dringend erforderlich.

Seit Jahren sprechen wir davon, auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft zu sein. Die Zahlen zeigen aber: Deutschland nutzt nach wie vor zu viele Rohstoffe und verursacht damit gravierende Umweltbelastungen. „Stoffströme müssen verringert und es muss eine konsequente Produktpolitik implementiert werden, damit mehr Rohstoffe im Kreislauf geführt werden können“, stellt Prof. Vera Susanne Rotter heraus. „Es ist wichtig, dass Produkte langlebig, reparaturfreundlich, recyclinggerecht und schadstofffrei sind.“ Der SRU empfiehlt, die Abfallhierarchie zu einer Kreislaufwirtschaftshierarchie weiterzuentwickeln, um diese Aspekte zu verankern. Konkret sollte z. B. die Ökodesign-Richtlinie auf weitere Produktgruppen ausgedehnt werden. Recycling ist nicht nur an Quoten, sondern auch an seiner Qualität zu messen.

Intakte Gewässer sind die Voraussetzung für funktionierende Ökosysteme, Artenvielfalt sowie lebendige Landschaften und spielen eine wichtige Rolle bei der Klimaanpassung. Europäisch vereinbarte Gewässerschutzziele werden flächendeckend verfehlt. Prof. Manfred Niekisch betont: „Für die Renaturierung der Flüsse müssen mehr Flächen an den Gewässern bereitgestellt werden.“ Außerdem erfordert die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie eine verbindliche Planung sowie ausreichend Gelder und Fachpersonal.

Viele Menschen in Deutschland sind hohen Belastungen durch den Verkehrslärm ausgesetzt. „Diese Lärmbelastungen stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar“, erläutert Prof. Hornberg. Sie treffen sozial Benachteiligte häufiger als andere. Um den Schutz vor Verkehrslärm zu verbessern, empfiehlt der SRU bundesweit festzulegen, ab welcher Lärmbelastung Kommunen verpflichtet werden, Lärmschutzpläne aufzustellen. Außerdem sollten die gesundheitsbezogenen Lärmschwellen in Deutschland deutlich verschärft und die europäischen Emissionsgrenzwerte für Fahrzeuggeräusche anspruchsvoll ausgestaltet werden.

Der Stadtverkehr wird seit Jahrzehnten vom Auto dominiert. Die Folgen sind Lärm, Luftverschmutzung, ein wachsender Flächen- und Energieverbrauch sowie hohe Gesundheits- und Umweltkosten. ÖPNV, Fuß- und Radverkehr sollten nach Auffassung des SRU stark ausgebaut werden. Die Novelle der StVO ist für ein Umsteuern noch nicht ausreichend und muss nachgebessert werden. „Eine konsequente Parkraumbewirtschaftung und eine streckenabhängige Pkw-Maut sollten dazu beitragen, einer aktiven und umweltfreundlichen Mobilität in der Stadt Raum zu geben“, sagt Prof. Claudia Kemfert.

Der SRU empfiehlt, Quartiere als geeignete Handlungsebene für die Umwelt- und Klimapolitik stärker zu nutzen. Quartiersbezogene Maßnahmen bergen Potenziale für den Umwelt- und Klimaschutz und ermöglichen Synergien mit anderen Zielen. Sie sind der Betrachtung von Einzelgebäuden überlegen. Hierzu zählen die Versorgung durch Wärmenetze, serielle energetische Sanierung und die lokale Erzeugung erneuerbarer Energien.

„Um die städtische Energiewende voranzubringen, sollte die Eigenversorgung mit Strom und Wärme künftig gesetzlich vereinfacht und die gemeinsame Erzeugung sowie nachbarschaftliche Versorgung mit Energie erleichtert werden. Diese Aspekte sollten in das Gebäudeenergiegesetz Eingang finden“, betont Prof. Lamia Messari-Becker.

Der wirtschaftliche Neustart nach der Corona-Pandemie sollte dazu genutzt werden, die Weichen in Richtung ökologischer Transformation zu stellen. Die enormen Mittel, die für die konjunkturelle Wiederbelebung eingesetzt werden, müssen konsequent an den Zielen der Klimaneutralität und des Umweltschutzes ausgerichtet werden.

Das Umweltgutachten „Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa“ steht auf der Website des SRU zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Julia Hertin, Tel.: +49 30 263696-118, E-Mail: julia.hertin@umweltrat.de

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) berät die Bundesregierung seit fast 50 Jahren in Fragen der Umweltpolitik. Die Zusammensetzung des Rates aus sieben Professorinnen und Professoren verschiedener Fachdisziplinen gewährleistet eine wissenschaftlich unabhängige und umfassende Begutachtung sowohl aus naturwissenschaftlich-technischer als auch aus ökonomischer, rechtlicher und gesundheitswissenschaftlicher Perspektive.

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Der Rat besteht derzeit aus folgenden Mitgliedern:

Prof. Dr. Claudia Hornberg (Vorsitzende), Universität Bielefeld

Prof. Dr. Manfred Niekisch (stellv. Vorsitzender) Professor für Internationalen Naturschutz

Prof. Dr. Christian Calliess, Freie Universität Berlin

Prof. Dr. Claudia Kemfert, Hertie School of Governance und Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin

Prof. Dr. Wolfgang Lucht, Humboldt-Universität zu Berlin und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker, Universität Siegen

Prof. Dr.-Ing. Vera Susanne Rotter, Technische Universität Berlin

Sachverständigenrat für Umweltfragen

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Geschäftsstelle

Luisenstraße 46, 10117 Berlin

+49 30 263696-0

info@umweltrat.de

www.umweltrat.de

Twitter: @umweltrat


Wildpflanzen als Substrat für Biogasanlagen

Berichte des Netzwerks Lebensraum Feldflur zum Einsatz von anspruchslosen Wildpflanzen.

Auf jedem fünften Hektar der landwirtschaftlichen Fläche werden inzwischen nachwachsende Rohstoffe angebaut – hauptsächlich zur Energieproduktion. Ein wesentlicher Anteil dient der Energiegewinnung durch Biomasse. Dies führte regional zu einer Verengung der Fruchtfolge und zu massiven Nachteilen für die Artenvielfalt in den ländlichen Räumen.

Das Netzwerk Lebensraum Feldflur ist ein Zusammenschluss aus 27 Akteuren der Jagd, des Naturschutzes und der Energiewirtschaft. Es will mit dem Projekt „Energie aus Wildpflanzen“ die Biogaserzeugung aus Biomasse enger mit den Zielen des Arten-, Natur- und Umweltschutzes verknüpfen und Mischungen aus heimischen Wildpflanzenarten als eine ökologisch notwendige und ökonomisch tragfähige Ergänzung zu konventionellen Energiepflanzen in der landwirtschaftlichen Praxis etablieren.

Weitere Berichte siehe https://lebensraum-brache.de


Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2021: Erfordernisse zum Erhalt unserer Agrarvögel

Extensiv genutztes Grünland als Brut- und Zugquartier in gemeinsamer Unterhaltung von Landwirten und Naturschutz (BSH). Foto: U. Kuhn

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In Winterquartieren und auf dem Durchzug benötigen Kampfläufer und Alpenstrandläufer stocherfähiges feuchtes Grünland, um Nahrungsorganismen zu erreichen. Foto: W. Brinkschröder

Wegen wiederholter Nachfrage zum Thema „Lebensraumansprüche und Gefährdung der Vögel in Agrargebieten“ wird hier das dazu passende Positionspapier „Erfordernisse zum Erhalt unserer Agrarvögel“ (21 S.) der Fachgruppe Vögel der Agrarlandschaft  der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) wiedergegeben.

Das gemeinsame Positionspapier der DO-G und des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) aus 2011 (14 S.)  kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: DO-G Positionspapier Agrarvoegel 21.10.2019