Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

Naturschutzverbände sehen viele Defizite bei der behördlichen Überwachung von Kompensationen und öffentlichen Einsichtnahme der Verzeichnisse –

nur 10% der Auflagen erfüllt

Osnabrück. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind Eingriffe in die Landschaft möglichst zu vermeiden. Wenn sie unvermeidlich sind, muss der Verursacher für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die sog. Kompensation, sorgen. Sie ist festgelegt im landschaftspflegerischen Begleitplan, der auch Bestandteil der Bebauungspläne ist oder bei Einzelobjekten in der Baugenehmigung festgesetzt ist.

Kompensationsmaßnahmen können vielfältiger Art sein, z.B. Umwallung mit Bepflanzung, Pflanzung von Hecken und Großgehölzen, auch Kopfweiden, Umwandlung von Acker in Grünland, Obstwiesen, Aufforstung, Anlage von Feuchtflächen. Ihre Größe hängt vom Umfang und der Art des Eingriffs ab. So ist bei Windkraftanlagen auch der Verlust an Lebensraum für die Vogelwelt (Avifauna) mit einzubeziehen.

In einer früheren Untersuchung wurde ermittelt, dass erhebliche Defizite zwischen Planvorgaben und der praktischen Umsetzung bestehen. Die Ergebnisse bezogen sich im Wesentlichen auf die Kompensationsmaßnahmen für Baugebiete in einer Kommune des Landkreises Osnabrück.

Zweck einer weiteren Recherche war es, die geforderten Kompensations-maßnahmen von Einzelobjekten wie Stall-, Biogas- und Windkraftanlagen in einem größeren Bereich des Landkreises Osnabrück zu untersuchen. Dazu wurden die landschaftspflegerischen Begleitpläne von 41 Baugenehmigungen mit der entsprechenden Realisierung in der Praxis verglichen.
Die Ergebnisse waren aus der Sicht des NaturschutzForums Deutschland (NaFor) und anderer Naturschutzverbände äußerst unbefriedigend. Nur in 10 % der Fälle wurden die vorgeschriebenen Auflagen erfüllt, sämtliche der untersuchten 12 Biogasanlagen hatten Defizite in der Kompensation, z.B. fehlende Aufforstungen, Hecken, Obstwiesen, nicht standortgemäße Artenauswahl u.a. Ähnlich waren die Verhältnisse bei den Stallanlagen. Im Vergleich dazu hatten sich die Betreiber der 3 untersuchten Windkraftanlagen an die geforderten Vorgaben weitgehend gehalten. Aber auch hier musste z.B. die fehlende Pflege von Kopfweiden bemängelt werden, was aber nicht als Defizit gewertet wurde.
Wenn man die flächenmäßige Diskrepanz zwischen den geforderten Kompensationsmaßnahmen über die Baugenehmigungen und der praktischen Umsetzung der hier untersuchten Objekte erfasst, so ergibt sich ein Defizit von ca. 10 ha. Hinzu kommt, dass häufig auch die Pflege und damit die Qualität der vorhandenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu wünschen übrig lässt und die zurückliegenden Maßnahmen nicht für Jedermann in einem Verzeichnis einsehbar sind, um sie auch in Verbundsysteme einzubeziehen.

Bei dieser auch in anderen Landkreisen zu beobachtenden Situation ist es dringend notwendig,

  • die vorhandenen Altlasten zu beseitigen,
  • die Kompensationsmaßnahmen von Stall- und Biogasanlagen in das bestehende Kompensationsregister aufzunehmen
  • vor neuen Genehmigungen bestehende Defizite zu beseitigen und
  • mehr Verständnis für die vielzitierte Biodiversität sowohl in Kommunen wie bei den Genehmigungsbehörden zu entwickeln.

 

Hinzu kommt, dass häufig auch die Pflege und damit die Qualität der vorhandenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu wünschen übrig lässt und die zurückliegenden Maßnahmen nicht für Naturschutzverbände und Jedermann in einem Verzeichnis einsehbar sind, um sie auch in Verbundsysteme einzubeziehen.

 

Christoph Wonneberger

 

Näheres zu Konsequenzen und gut gelungenen Beispielen sind zu erfahren bei <ch.wonneberger@web.de>

Die Bebauung von Flächen mit Tierhaltungsanlagen erfordert im Rahmen der Genehmigungsverfahren behördlich verordnete Kompensationen, deren Auflagen öffentlich einsehbar sein sollten.

Auch Biogasanlagen sind flächenintensiv und verursachen Emissionen, die zu kompensieren waren. Naturschutzverbände möchten die Standorte seit Beginn dieser Auflagen jederzeit in Erfahrung bringen, um diese Flächen auch in die Entwicklung naturnaher Korridore und Ruhezonen einzubeziehen. (Foto: C. Wonneberger)


Keine Salz-Pipeline aus der Kali-Industrie in die Nordsee

NaturschutzForum Deutschland: Damit wird das Problem nur verlagert

Wilhelmshaven. Der Hinweis, große Mengen an Salzabwässern aus der Produktion der Kali-Industrie statt in Werra und Weser über eine Pipeline direkt in die Nordsee zu leiten, scheint einzuleuchten, hat aber eine unvertretbare Kehrseite. Denn jährlich würden sieben Millionen cbm Salzlauge zur Küste geleitet. Sogar der Jadebusen ist im Gespräch – angesichts der unübersehbaren Schäden an der marinen Tier- und Pflanzenwelt ist das nach Auffassung des NaturschutzForums Deutschland (NaFor) völlig inakzeptabel. Auch der Tourismus würde die Folgen zu spüren  bekommen, allemal dann, wenn es zu Recht hieße, dass hier in einer Meeresbucht Industrieabfälle aus Hessen mitten in einer der wichtigsten Tourismusregionen Niedersachsens mit zahlreichen Badestränden verklappt würden.  Auch das Verklappen auf hoher See ist NaFor zufolge kein zukunftsweisender Weg. Darauf wurde seinerzeit auch beim Verklappen von Dünnsäure durch Kronos Titan oder von Klärschlämmen aus Hamburg hingewiesen. Es wurde damals eingestellt und auf andere chemische Verfahren bzw. Verbrennung umgestellt. Mehr


NAFOR Jahresbericht 2013

Mit der Bundestagswahl rückten im Berichtsjahr bundespolitische Aktivitäten in den Vordergrund des Interesses. Anstelle einer Befragung der politischen Parteien wurden die Parteiprogramme und der Koalitionsvertrag der großen Koalition kritisch durchleuchtet. Es fiel auf, dass dem Naturschutz außer den EU-Verbindlichkeiten kein besonderer Stellenwert beigemessen wurde, einmal abgesehen von den klimapolitischen Leitzielen. Über Forderungen des Artenschutzes wachten lediglich die Verbindlichkeiten der EU-Richtlinien, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie. Die danach fortzuschreibenden Arbeits-programme hatten unter anderem das Ergebnis einer mehrheitlich schlechten Gewässerqualität der Fließ- und Grundwasserkörper. Ein Rettungsanker war das Verschlechterungsverbot, woran sich aber vor allem in den viehdichten Arealen viele Flächenbewirtschafter nicht gehalten haben. NaFor hat sich nachdrücklich, auch über seine Mitgliedsvereine, dafür ausgesprochen, die Sanierungen und Laufverlängerungen von Fließgewässern II. Ordnung voranzubringen.
Die anhaltende Diskussion zugunsten der Verlegung von Erdkabeln betraf auch die Nord-Süd-Fernleitungen. Die Energieversorgungs- und Trassenfirmen schienen es wenig eilig zu haben, um den umweltpolitischen Erwartungen zu entsprechen, unter anderem daran ersichtlich, dass ungeeignete Trassenvarianten vorgeschlagen wurden, die für Verbände wie NaFor nicht in Frage kamen. Offensichtlich verharren die großen Versorger noch im Atomzeitalter Zunehmend ist nun aber abzusehen, welche immensen Kosten damit verbunden sind, angefangen bei der Umstellung auf die neuen Systeme bis hin zum kompletten Abbau von Reaktoren und der Atommülllagerung für die Ewigkeit. Damit ergeben sich wachsende Kilowattpreise, die ungleich höher liegen als seinerzeit angegeben, was diese Stromgewinnung seinerzeit politisch erst möglich gemacht hat. Das Naturschutzforum hat wiederholt auf diese neue Sicht der Dinge und die Gefahr der Sozialisierung künftiger Entsorgungskosten hingewiesen.
Erläutert wurde das auch von NaFor unterstützte mehrjährige Auswilderungsprojekt von Gartenschläfern im Emsland, geleitet von Prof. Schröpfer, der hier gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Betreuungsteam einschlägige Erfahrungen umsetzt.
Die Aufgabe der Koordination eines dezentral strukturierten Dachverbandes bei Bundesbelangen wurde vereinzelt wahrgenommen. Das betraf auch die Beteiligung von NaFor bei Planverfahren zu Nord- und Ostsee, Schifffahrt, Forsten und Landwirtschaft.
Veröffentlichungen zum Thema „Haselreiche Gebüsche – Förderung von Kleinsäugetieren und Brutvögeln der Feldmark durch Anlage von Gehölzsäumen und Bruthilfen“ (Merkbl. 78) wurde ebenso gefördert wie die auf 5 Jahre ausgelegte Buchkonzeption zum Fluss „Die Jade“ gemeinsam mit 70 AutorInnen.
Im September 2013 wurde in Bremen ein neues Präsidium gewählt. In Nachfolge des bisherigen Präsidenten, Prof. Dr. Heiko Brunken, wurde die Meeresbiologin Liesa-Marlena von Essen (M.Sc.) einstimmig zur neuen Präsidentin gewählt. Außerdem gehören Kathrin Kroker (M.Sc. Forst) und Anne Brodauf (M.Sc. Biol.) dem neuen Präsidium an. Die anderen Mitglieder im Ehrenamt sind weiterhin dabei, darunter auch geschäftsführend Dr. Martine Marchand.