Landwirtschaft und Naturschutz haben gemeinsame Interessen

NaturschutzForum Deutschland sieht die Zukunft in der Umsetzung gemeinsamer Visionen

Oldenburg (Oldb).  Die über Monate andauernden bundesweiten Treckerproteste eines Teils der Landwirtschaft sind zwar spektakulär und medienwirksam, erzielen aber nach Einschätzung des NaturschutzForums Deutschland (NaFor) nicht die erhoffte Wirkung.  Stattdessen gab es Unmut und Kritik, weil wichtige Straßen blockiert und damit die anderen Verkehrsteilnehmer manchmal stundenlang aufgehalten und in Rage gebracht wurden (Beispiel Umgehung Wildeshausen), oder wenn bei Staus die Treckermotoren innerhalb von Siedlungen weiterliefen, ohne umweltfreundlich abgestellt zu werden (Großenkneten). Völliges Unverständnis lösten bei  unbeteiligten Zuschauern Spruchbänder wie „Wir ändern gar nichts!“ (Berlin) oder das häufige karavanenartige Herumfahren von einer Veranstaltung zur anderen, wenn dort Minister aus ganz anderen Anlässen angesagt waren (Oldenburg, Wardenburg, Dötlingen und an vielen anderen Orten).

Es ist nachzuvollziehen, dass Landwirte ihre Flächenprämien erhalten wollen. Welche finanziellen Dimensionen verteidigt werden sollen, ist im Internet nachzulesen unter:

www.agrar-fischerei-zahlungen.de

Auch Naturschutzverbände werden entsprechend  ihren Flächen prämienbegünstigt. Diese Förderpraxis muss aber geändert werden, da sie auch gewinnorientierte Großgrundbesitzer, die mit Landwirtschaft  und Landschaftspflege nichts zu tun haben, zu erheblichen Anteilen fördert.  Die Schuldzuweisung auf den nur preisorientiert einkaufenden Verbraucher oder der Verdacht –wie schon zu Beginn der Nitratkrise erlebt –, dass dafür die undichte Kanalisation in Siedlungen verantwortlich sei,  sind ebenso abwegig wie jetzt der Versuch, die angeblich fehlerhaften Nitratmessungen in öffentlichen Messstationen gutachterlich überprüfen zu lassen.

Solange die flächengebundene Tierhaltung und strengere Vorgaben der Bundesdüngeverordnung nicht akzeptiert werden,  sondern stattdessen per Gesetz verlangte Verhaltensänderungen organisiert verweigert werden und weiterhin bundesweit öffentliche Saumbiotope bewirtschaftet werden, wird den Forderungen der Treckerfront nur bedingt Glauben geschenkt.

Die Berufsgruppe der Landwirte erhält die mit Abstand höchsten Subventionen, auch Landes- und Bundesministerien arbeiten diesem Berufsstand zu. Das ist umso beachtlicher, als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur wenige Prozent beträgt. Deshalb sollte den Landwirten an einer höheren Akzeptanz und Wertschätzung ihrer Tätigkeiten in der Bevölkerung  gelegen sein, die die Agrarsubventionen für sie aufbringt. Stattdessen festzustellen, „man könne auch noch ganz anders auftreten“, hilft da nicht und klingt mehr nach Erpressung.

Konkrete Vorschläge sind notwendig, um aus der Misere herauszukommen. Zu begrüßen ist die gemeinsame Position der niedersächsischen Ressortministerien MU und ML, die bezüglich der Nitratbelastung des Grundwassers nach dem Verursacherprinzip in den besonders belasteten (roten) Gebieten vorgehen wollen, um EU-Konformität herzustellen. Danach wird bereits an der Erdoberfläche angesetzt und zu hohe Nitrateinträge in das Sickerwasser werden während der aktuellen Flächenbewirtschaftung gestoppt.

Die Sicherung der Leistungen der historischen Landwirtschaft mit Struktur- und Artenvielfalt bedarf heute einer besseren und vieljährigen Honorierung durch EU-Fördermittel.  Foto: BSHnatur

 

Betriebswirtschaftlich gerecht und ökologisch sinnvoll wäre es, landwirtschaftliche Betriebe entsprechend ihren ökologischen und gemeinnützigen Leistungen deutlich mehr und längerfristig als bisher zu unterstützen, so das NaturschutzForum Deutschland. Gemeinsam mit dem Naturschutz erstellte Kataloge könnten die einzelnen Tätigkeiten auflisten und je nach Aufwand verschiedenen Verdienstkategorien zuordnen.

Zu fördernde Tätigkeiten gerade auch für konventionelle Betriebe könnten nach Meinung des NaFor sein:

  • Förderung extensiv bewirtschafteter Flächen,
  • Erhalt und Pflege wertvoller Naturelemente vom Einzelbaum bis zu Gebüschen, Hecken, Feldgehölzen und Wäldern,
  • Neuanlage von Wegrainen, Uferzonen und anderen Saumbiotopen,
  • Stilllegungen von Brachen, Kleingewässern und Ackerflächen,
  • eine große Palette von Artenschutzmaßnahmen wie der Einrichtung von Bruthilfen, Steilwänden, Insektenquartieren und Mähwiesen, die mit Mähbalken später im Jahr gemäht werden.

Es wäre ein Signal des Aufbruchs, wenn die Agrarverbände und deren riesiger Verwaltungsapparat aus eigenem Antrieb,  gemeinsam mit Naturschutzverbänden, zukunftsorientierte Vorschläge für die Umsetzung der ökologischen Interessen im Einklang mit angemessenen Einkommen konzipieren und dies in Ausbildung und Studium an Schulen und Hochschulen vermitteln würden.

Das käme den Wünschen eines größeren Teils  der  Bevölkerung entgegen. Gute Beispiele für eine ausgewogene Bewirtschaftung von Höfen mit Erfolgen in der Förderung von Naturelementen und Artenschutzmaßnahmen sind im Zeichen von Klimaschutz und Existenzsicherung stärker positiv herauszustellen statt als Ausnahmefall angesehen zu werden.

 

Remmer Akkermann

 

Die PM als PDF finden Sie hier.