Naturschutzverbände fordern politisches Bekenntnis zu mehr Ausgleichflächen bei Intensivkulturen
Wardenburg. In wenigen Monaten wird im Rahmen der anstehenden Agrarreform darüber entschieden, welchen Kurs die EU im Zusammenhang mit der Gewährung der mit Abstand größten Subventionen an die Landwirtschaft einschlagen soll. Die bisherige jahrzehntelange Förderpraxis ist nach Ansicht des NaturschutzForums Deutschland (NaFor) und der Biologischen Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH) zu undifferenziert, da große Summen gerade jenen Betrieben zugewiesen werden, deren Aktivitäten wie im Falle von Industriekonzernen wenig oder nur indirekt mit der praktischen Landwirtschaft zu tun haben und zu deren Prosperität es keiner zusätzlichen Subventionen bedarf. Auch die Ressourcenschädigung wird nicht berücksichtigt.
Dagegen kommen schon heute jene landwirtschaftlichen Betriebe viel zu kurz, die auf gesunden Füßen stehen, die jedoch nicht bereit oder in der Lage sind, dem immer stärker werdenden Produktionsdruck, also der kapitalintensiven Aufstockung und Massenproduktion bei der Haustierhaltung und dem Kulturpflanzenanbau, vor allem Mais, zu folgen. Betroffen sind hauptsächlich Milchviehbetriebe, die angesichts des hohen Arbeitsaufwandes und des vergleichsweise geringen Einkommens gedrängt werden, statt der 15 Kühe wie in den fünfziger Jahren oder aktuell zum Beispiel 80 Kühen, künftig 200 und mehr Kühe zu halten, um betriebswirtschaftlich existenzfähig zu bleiben.
„Diese Strukturveränderungen sind wenig erträglich. Und es wird dringend Zeit, dass zumindest gleichrangig landwirtschaftliche Leistungen für den Naturhaushalt honoriert werden“, sagt der BSH-Vorsitzende Prof. Dr. Remmer Akkermann, zugleich Vizepräsident von NaFor . Es könne nicht sein, dass Maisanbau, Massentierhaltung und Vergärungswirtschaft die Pacht- und Kaufpreise für Wirtschafsflächen in die Höhe treiben, während jene Betriebe, deren Wirtschaftsweise die heutige Kulturlandschaft wesentlich mitgeprägt habe und die Maß und Ziel bewahren, ins Hintertreffen geraten und schließen müssten. Darum sei es an der Zeit, dass gerade Großagrarier mit über 100-Hektar-Flächen, die die Landschaft uniformieren oder die natürlichen Ressourcen schädigen, dafür aber dennoch Dauersubventionen in vier- bis fünfstelligen Monatshöhen erhalten, einen angemessenen Beitrag für den Naturschutz leisten.
Naturschutzverbände wie die BSH und NaFor fordern deshalb vom Gesetzgeber die verbindliche Stilllegung von mindestens 10 Prozent der Flächen als naturnahe Ruhezonen, um die schädlichen Einwirkungen etwas zu kompensieren. Wenn der niedersächsische Landwirtschaftsminister Gerd Lindemann dem Plan der EU-Kommission widerspricht, ab 2013 lediglich 7 Prozent der Acker- und Dauerkulturflächen als ökologische Vorrangflächen weitgehend stillzulegen und das als „deutlich zu viel und nicht vertretbar“ bezeichnet, so widerspricht das jedem Bemühen, landschaftspflegerische Leistungen von Landwirten zu unterstützen. Bundesweit ist das politische Bekenntnis vonnöten, harte Eingriffe in die Landschaft zu mildern und der Landschaftspflege eine Chance als zusätzliche freiwillige Einkommensmöglichkeit zu geben.
Nicole Müller